Rz. 13

Das Gesetz lässt sowohl offen, was als beizulegender Wert i. S. d. § 253 Abs. 3 und 4 HGB anzusehen ist, als auch, wie dieser Wert zu ermitteln ist. Die erste Frage ist unter Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Überlegungen und die Definition des § 7 Abs. 1 Satz 1 DMBilG schnell zu beantworten: Beim beizulegenden Wert handelt es sich um den Zeitwert eines Vermögensgegenstands oder einer Schuld im Zeitpunkt des Bilanzstichtags. Schwieriger zu beantworten ist die Frage nach der Wertermittlung.

 

Rz. 14

In abstrakter Sicht handelt es sich beim beizulegenden Wert nicht um einen künstlich definierten Wert, wie dies beim steuerlichen Teilwert der Fall ist, sondern um den sog. objektiven Wert (besser: objektivierten Wert) eines Guts. Bei einer objektiven bzw. objektivierten Wertermittlung sollten unterschiedliche Bewerter bei einem zu bewertenden Gut zu identischen (oder zumindest sehr ähnlichen) Wertansätzen gelangen; dies ist jedoch in der Praxis häufig nicht der Fall. Dieser objektive Wert ist unter Berücksichtigung der Marktpreise und der Verkehrsanschauung zu ermitteln.

 

Rz. 15

Bei der Bestimmung des Marktpreises ist zunächst zu klären, ob die Werte eines Beschaffungsmarkts oder eines Absatzmarkts heranzuziehen sind. Bei Gütern des Anlagevermögens ist auf Wiederbeschaffungspreise zurückzugreifen, da aufgrund der Bestimmung eines Anlageguts, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen,[1] eine Veräußerung und damit die Annahme eines Absatzpreises nicht realistisch ist. Auch würde ein Ansatz von Veräußerungswerten sofort nach einer Anschaffung häufig zu einem übermäßigen Wertverlust bei dem zu bilanzierenden Gut führen.

 

Rz. 16

Die Verpflichtung, auf Werte des Wiederbeschaffungsmarkts zurückzugreifen, ergibt sich für den – gesetzlich unterstellten – Regelfall auch aus dem Grundsatz der Unternehmensfortführung (going-concern-Prinzip) gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Nach diesem Grundsatz dürfen Einzelveräußerungswerte (Zerschlagungswerte oder Liquidationswerte)[2] nicht angesetzt werden, solange von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist. I. d. R. wird der Fortführungswert über dem Zerschlagungswert liegen. In den Fortführungswert dürfen jedoch keine aus der Einfügung eines Vermögensgegenstands in die Betriebsorganisation resultierenden Werterhöhungen in Analogie zum steuerlichen Teilwert hineingerechnet werden.

 

Rz. 17

Beim Wiederbeschaffungspreis (entry price) ist auf den Teilbeschaffungsmarkt für ein entsprechendes Gut zurückzugreifen. Für neue oder neuwertige Güter sind Preise für die Wiederbeschaffung eines neuen Guts, für gebrauchte Güter sind Preise für die Wiederbeschaffung eines gleich gebrauchten Guts zu ermitteln. Für gebrauchte Güter ist nicht der gegenwärtige Neuwert unter Abzug einer Wertminderung für den Gebrauch anzusetzen,[3] da sich abweichende Werte zu einem Wert des Teilbeschaffungsmarkts für gebrauchte Güter ergeben können.

Probleme entstehen, wenn ein entsprechendes Gut nicht mehr wiederbeschafft werden kann, da es entweder nicht mehr angeboten wird (z. B. weil ein Nachfolgemodell mit veränderten Leistungsdaten auf dem Markt ist) oder ein entsprechender Teilbeschaffungsmarkt nicht existiert (z. B. weil bestimmte Güter so selten oder überhaupt nicht gehandelt werden, dass kein Markt mit einem objektivierbaren Preis besteht). In beiden Fällen ist eine direkte Preisermittlung (z. B. über Preislisten) nicht mehr möglich. In diesen Fällen ist der Wiederbeschaffungspreis unter Beachtung des Vorsichtsprinzips zu schätzen.

 

Rz. 18

Bei der Schätzung sind alle Informationen auszuwerten, dazu zählen u. a.:

  • Marktentwicklung vergleichbarer Güter.

    Wird das zu bewertende Gut nicht mehr am Markt gehandelt, kann die Preisentwicklung vergleichbarer Güter übertragen werden.

  • Konjunkturelle Entwicklung.

    Eine steigende Konjunktur, steigende Umsätze bei Gütern, welche mit der zu bewertenden Anlage hergestellt werden, und eine Marktknappheit bei diesen Anlagen lassen auf einen steigenden Zeitwert schließen.

  • Technischer Fortschritt.

    Eine schnelle technologische Entwicklung (wie beispielsweise bei EDV-Anlagen) lässt den Zeitwert älterer Güter schneller sinken, als dies nur nach der Abnutzung anzunehmen ist.

  • Wirtschaftliche bzw. modische Entwicklung.

    Eine Anlage kann vollständig nutzbar sein, jedoch sind die mit ihr hergestellten Güter nicht mehr verkäuflich; da auch andere Unternehmen deshalb eine derartige Maschine nicht benötigen werden, sinkt der Marktpreis dieser Anlage.

 
Praxis-Beispiel

Im Anlagevermögen wird das Gemälde eines alten Meisters ausgewiesen. Für dieses Unikat existiert aus der Natur der Sache heraus kein Markt. Zur Bewertung ist deshalb auf eine Reihe von Werten oder Wertentwicklungen der Bilder vergleichbarer Maler derselben Stilrichtung bzw. anderer Bilder desselben Malers zurückzugreifen.

 

Rz. 19

Zur Ermittlung des beizulegenden Werts darf aber nicht ausschließlich auf Preisverhältnisse am Markt zurückgegriffen werden. Auch der tatsächliche Zustand des Vermögensgegenstands (Grad der Abnutzung, te...

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