Bestimmung der Marktpreise von Crypto Assets

Mit der sog. Markets in Crypto Assets-Verordnung (kurz MiCA-VO) schafft die EU konkrete Regelungen für bestimmte Kryptowerte sowie Dienstleister, deren Geschäftsmodelle auf bestimmten Kryptowerten basieren. Interessant in diesem Rahmen ist auch die Bewertung des Reservevermögens, welches u.a. für die Bilanzierung künftig Bedeutung haben dürfte.

Token und Vermögenswertreserve nach der MiCA-VO

Die MiCA-VO wurde mit dem Ziel erlassen, einen klaren Rahmen für Märkte in der Kryptobranche zu schaffen. Dadurch sollen insb. Innovationen und fairer Wettbewerb in diesem Sektor sowie Schutz für Anleger erreicht werden. In der MiCA-VO finden sich Regelungen zu vermögenswertspezifischen Token und E-Geld-Token. Auch wenn Utility Token als eine eigenständige Kategorie erwähnt wird, sind für diese keine Regelungen in der Verordnung enthalten. Zudem hat die MiCA-VO auch für natürliche und juristische Personen und andere bestimmte Unternehmen, die als Emittenten und/oder Dienstleister für Crypto Assets fungieren, Gültigkeit. Als Krypto-Dienstleistungen werden laut Art. 3 Nr. 16 MiCA-VO z.B. die Verwahrung und Verwaltung von Crypto Assets, das Betreiben einer Handelsplattform für Crypto Assets und die Beratung zu Crypto Assets gesehen. Neben zahlreichen konkreten Regelungen zur Erstellung des sog. Whitepapers finden sich u.a. Angaben zur Vermögenswertreserve für Emittenten vermögenswertspezifischer Token.


Einen Überblick über die Markets in Crypto-Assets Verordnung (MiCA-VO) und resultierende Bilanzierungsfragen finden Sie in unserer gleichnamigen News: Markets in Crypto-Assets Verordnung (MiCA-VO) und resultierende Bilanzierungsfragen

Emittenten vermögenswertspezifischer Token müssen eine Vermögenswertreserve halten

Vermögenswertspezifische Token sind dabei jene Crypto Assets, deren Wertstabilität nicht auf dem Wert einer amtlichen Währung (wie z.B. Euro), sondern auf einem anderen Wert, einem anderen Recht oder einer Kombination dieser basiert (z.B. tokenisierte Aktien). So müssen Emittenten dieser Token eine Vermögenswertreserve bilden und diese halten, die dem Schutz der Inhaber vermögenswertspezifischer Token dient. So soll bspw. die Erfüllung der Verpflichtungen des Emittenten gegenüber den Inhabern im Fall der Insolvenz durch die Vermögenswertreserve sichergestellt werden. Insofern werden die Forderungen der Inhaber gegenüber dem Emittenten mit der Vermögenswertreserve abgesichert. Die Reserve muss für jeden vermögenswertspezifischen Token gesondert gebildet und von den anderen Vermögenswerten des Unternehmens getrennt werden und ist den Gläubigern entzogen. Insofern besteht eine Analogie mit dem Planvermögen gem. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB bzw. den plan assets gem. IAS 19.8.

Die Bewertung der Vermögenswertreserve erfolgt gem. Art. 36 Nr. 7 MiCA-VO mit dem Marktpreis, wobei zu beachten ist, dass dieser wertmäßig mindestens den Ansprüchen der Inhaber gleichen muss.

Marktpreis wenn möglich nach Geld-, Brief- oder Mittelkurs bestimmen

Bei der Bestimmung des Marktpreises ist primär auf den Geld- oder Briefkurs oder alternativ den Mittelkurs der Crypto Assets zurückzugreifen. Wird z.B. Bitcoin als Reservevermögen gehalten, dürfte die Bestimmung des Marktpreises grundsätzlich leicht möglich und die Kriterien gem. Art. 36 Nr. 11 MiCA-VO erfüllt sein. So können die Preise aus neutralen Quellen, Börsen, Handelssystemen oder angesehenen Brokern bezogen werden ( Art. 2 Nr. 8 Verordnung (EU) 2017/1131). Das gleiche dürfte auch für sog. Crypto Derivates zutreffen, da für diese – zumindest bekannte Crypto Futures, wie z.B. Ethereum – die Marktpreise von angesehenen Brokern bestimmt werden (können).

Rückgriff auf Modellpreise, wenn keine Geld-, Brief- oder Mittelkurse vorhanden sind

Handelt es sich beim Reservevermögen um solche Werte, für die keine Marktpreise aus Geld-, Brief- oder Mittelkurs bestimmt werden können, ist gem. Art. 36 Nr. 12 MiCA-VO auf Modellpreise zurückzugreifen. Welche Modelle jedoch zur Bestimmung der Modellpreise anzuwenden sind, wird in der MiCA-VO nicht erwähnt. Es wird aber auf den Art. 2 Nr. 9 Verordnung (EU) 2017/1131 über Geldmarktfonds verwiesen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht erfolgen darf.

Laut der Verordnung (EU) 2017/1131 wird die Bewertung zu Modellpreisen als jene beschrieben, bei welcher der Wert aus einem oder mehreren Werten abgeleitet wird oder auf eine andere Weise berechnet wird. Was jedoch „auf andere Weise“ bedeutet, wird in der Verordnung über Geldmarktfonds nicht weiter konkretisiert. Nähere Informationen dazu finden sich jedoch in dem Erläuterungstext dieser Verordnung. So wird dort formuliert, dass mit Hilfe der Modellpreise der beizulegende Zeitwert bestimmt wird. Zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts kann auf vergleichbare Transaktionen (bzw. Rendite vergleichbarer Emissionen) zurückgegriffen oder der Wert mittels einer Abzinsung der Zahlungsströme aus dem Vermögenswert bestimmt werden. Damit dürften Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) gemeint sein, die demnach zur Anwendung kommen dürften. Dabei müssen die Cash Flows sowie der Zinssatz bestimmt werden, der mittels in der Praxis üblicher Methoden, wie z.B. das Capital Asset Pricing Model (CAPM), ermittelt werden kann. Zu beachten ist, dass in den Modellpreisen verbundene Markt-, Zins- und Kreditrisiken berücksichtigt werden müssen. Ferner können auch Finanzmodelle angewendet werden, die von Geldmarktfonds selbst entwickelt werden.

Ähnlichkeiten zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) nach IFRS

Insgesamt ähnelt die Bestimmung des Marktpreises der Vermögenswertreserve nach der MiCA-VO den Vorgaben zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) nach IFRS, sodass es im Rahmen der Bilanzierung der Vermögenswertreserve nicht zu starken Abweichungen zwischen beiden Werten kommen sollte. So wird in IFRS 13.72-75 ein sog. 3-Stufenmodell zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts beschrieben.

  • Zunächst ist auf die Inputfaktoren der ersten Stufe gem. IFRS 13. 76-80 zurückzugreifen, die die direkte Ableitung von Marktpreisen beschreiben.
  • Wenn dies nicht möglich ist, wird der Wert aus Marktpreisen ähnlicher Werte (Stufe 2 gem. IFRS 13.81-85) oder
  • anhand üblicher Bewertungsmethoden (Stufe 3 gem. IFRS 13.86-90) bestimmt.

Die letzteren zwei Stufen lassen sich insofern als Beschreibung der Modellpreise nach der MiCA-VO auffassen. In der Praxis dürften Modellpreise jedoch seltener zur Anwendung kommen, da die Vermögenswertreserve das Risiko der vermögenswertspezifischen Token sowie das Liquiditätsrisiko erfassen soll, was dazu führt, dass auf etablierte Vermögenswerte als Reserve zurückgegriffen werden dürfte, für welche der Marktpreis z.B. mittels Broker direkt ableitbar ist.

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