Leitsatz

Aufwendungen für die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen wegen (Nutzungs-)Änderung des Gebäudes (§ 39 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 5 LBO BW a.F. = § 37 Abs. 2 LBO BW n.F.) zählen zu den Herstellungskosten, wenn die zur Änderung führende Baumaßnahme als Herstellung i.S.v. § 255 Abs. 2 HGB anzusehen ist (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 8.3.1984, IX R 45/80, BStBl II 1984, 702).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG , § 255 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Im Streitjahr stellte er einen Antrag auf Baugenehmigung und Nutzungsänderung, nachdem er das frühere Ladengeschäft im Untergeschoss seines Hauses als Gaststätte vermietet hatte. Nach dem im Antrag bezeichneten Bauvorhaben sollte in dem im Erdgeschoss des Hauses befindlichen Verkaufsraum ein Restaurant mit den notwendigen Nebenräumen eingerichtet und der Hauseingang auf die Nordseite verlegt werden.

Der Antrag wurde baupolizeilich genehmigt. Der Kläger leistete an die Gemeinde für Parkplätze nach der Landesbauordnung Ablösezahlungen, die er als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Vermietung des Grundstücks geltend machte.

Das FA lehnte dies ab und behandelte die Ablösezahlungen als nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG die Prüfung nachzuholen, ob die Baumaßnahme, auf der die Zahlung der Ablösebeträge beruhe, als Herstellung zu werten sei; andernfalls müssten sie als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus der Vermietung des bebauten Grundstücks (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG) abgezogen werden.

 

Hinweis

Nach § 9 EStG sind Werbungskosten auch sonstige öffentliche Abgaben, soweit sie sich auf ein Gebäude beziehen, das dem Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einnahmen dient. Dazu gehören auch Geldbeträge, die der Steuerpflichtige an die Gemeinde zur Ablösung der bauordnungsrechtlichen Stellplatzpflicht zahlt. Sie sind allerdings nicht als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20.8.2002, IX R 70/00, BFH-PR 2003, 123).

1.Herstellungskosten sind gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen, die durch Verbrauch von Gütern und Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts entstehen. Nachträgliche Herstellungskosten setzen die Veränderung eines bereits bestehenden Wirtschaftsguts im Rahmen eines weiteren Herstellungsvorgangs voraus (BFH, Urteil vom 17.10.2001, I R 32/00, BFH-PR 2002, 201).

Herstellungskosten umfassen Aufwendungen, die durch den Herstellungsvorgang selbst verursacht worden sind und unmittelbar der Herstellung dienen (Materialkosten, Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung- § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB), zudem die Kosten, die in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, d.h. zwangsläufig mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen.

2. Dazu gehören auch Aufwendungen für die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen nach den Landesbauordnungen der Länder, weil diese öffentlich-rechtliche Abgabe an die Errichtung von baulichen Anlagen und damit an die Bautätigkeit anknüpft.

3. Entsteht die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen aber nicht wegen der Errichtung einer baulichen Anlage, sondern wegen ihrer Änderung oder Nutzungsänderung, so zählen die Ablösungsbeträge nicht in jedem Fall zu den Herstellungskosten. Sie fallen nämlich schon an, wenn sich lediglich die Nutzung des Gebäudes ändert und dadurch ein zusätzlicher Bedarf an Stellplätzen ausgelöst wird. Deshalb besteht ein Zusammenhang mit der Herstellung nur dann, wenn die zur Änderung oder Nutzungsänderung der baulichen Anlage führende Baumaßnahme als Herstellung i.S.v. § 255 Abs. 2 HGB anzusehen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.5.2003, IX R 51/00

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