Leitsatz

1. Ein auf die Lebenszeit des Nießbrauchers bestellter Nießbrauch an einem im Eigentum eines Dritten stehenden bebauten Grundstücks führt regelmäßig nicht zu wirtschaftlichem Eigentum des Nießbrauchers an Grundstück und Gebäude.

2. Beteiligt sich der Nießbraucher an den Anschaffungskosten des Grundstücks und den Herstellungskosten des Gebäudes, kann er wirtschaftlicher Eigentümer nur i.H. seiner Beteiligung an den auf das Gebäude entfallenden Gesamtaufwendungen sein. Bei mehreren Anspruchsberechtigten kann der Nießbraucher daher den Fördergrundbetrag der Eigenheimzulage nur entsprechend seinem wirtschaftlichen Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG , § 9 Abs. 2 Satz 3 AO , § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO

 

Sachverhalt

Der Vater der Klägerin erwarb ein Grundstück mit einer noch zu errichtenden Doppelhaushälfte zum Preis von 413.000 DM. Im November 1998 – nach Fertigstellung des Objekts – bestellte er der 1971 geborenen Klägerin den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück. Am 4.10.1999 übertrug er das Eigentum an dem Grundstück auf die Klägerin.

Der Vater bezahlte auf die Schuld aus dem Kauf- und Bauwerkvertrag 300.000 DM. Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen einen Bankkredit i.H.v. 170.000 DM auf, mit dem sie die Restschuld von 113.000 DM tilgten. Ferner trug die Klägerin weitere Gebäudeherstellungskosten i.H.v. rund 30.000 DM. Die Klägerin und ihr Ehemann bezogen das Haus noch im Jahr 1998.

Den Antrag der Klägerin auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 1998 lehnte das FA mit der Begründung ab, die Klägerin sei durch die Bestellung des Nießbrauchs weder bürgerlich-rechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin geworden. Das FG gab der Klage statt. Die Revision des FA führte zur Herabsetzung der Eigenheimzulage.

 

Entscheidung

Die Klägerin sei nicht allein deshalb wirtschaftliche Eigentümerin des gesamten Grundstücks geworden, weil ihr der lebenslange Nießbrauch am Grundstück eingeräumt worden sei, denn der Nießbrauch sei nur auf unbestimmte Zeit bestellt worden und nicht etwa bis zum wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes. Der Nießbrauch sei auch nicht vererbbar. Die Klägerin habe aber wirtschaftliches Miteigentum erworben, soweit sie die Anschaffungskosten getragen habe. Ihr stehe daher die anteilige Eigenheimzulage zu.

 

Hinweis

Eigenheimzulage kann nur der (wirtschaftliche) Eigentümer beanspruchen. Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut ausübt und dem Eigentümer kein Herausgabeanspruch mehr zusteht oder dem Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr zukommt.

Ein Nutzungsberechtigter ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm auf Dauer Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen. Davon ist bei einem Nießbrauchberechtigten grundsätzlich nicht auszugehen, und zwar auch dann nicht, wenn der Nießbrauch auf Lebenszeit des Nutzungsberechtigten bestellt ist und der Nutzungsberechtigte eine höhere Lebenserwartung als der Eigentümer hat. Der Nutzungsberechtigte wird auch nicht dadurch wirtschaftlicher Eigentümer, dass ihn der Eigentümer als Erben einsetzt, denn der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit ändern.

Eine Ausnahme kommt dann in Betracht, wenn der Nießbrauch vererblich ist oder wenn vereinbart ist, dass der Nießbrauch bis zum vollständigen Verbrauch des Gebäudes bestehen soll. Eine Nießbrauchbestellung auf Lebenszeit gilt auf unbestimmte Zeit und nicht bis zum Verbrauch des Gebäudes, und zwar auch dann nicht, wenn die betriebsgewöhnliche Restnutzungsdauer und die statistische Lebenserwartung des Nutzungsberechtigten zufällig übereinstimmen. Ohnehin ist regelmäßig nicht von einem Vollverschleiß des Gebäudes nach Ablauf von 50 Jahren auszugehen.

Wirtschaftliches Eigentum kommt auch dann in Betracht, wenn der Nießbraucher die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat. Steht ihm bei Beendigung des Nießbrauchs ein Wertersatzanspruch gegen den Eigentümer zu, wovon im Zweifel auszugehen ist, liegt wirtschaftliches Eigentum vor. Werden die Herstellungskosten teilweise vom Nießbraucher getragen, ist der Nießbraucher wirtschaftlicher Miteigentümer. Sein Miteigentumsanteil bemisst sich nach dem Anteil seiner finanziellen Beteiligung an den Gesamtkosten. Entsprechend diesem Miteigentumsanteil steht ihm Eigenheimzulage zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.6.2004, III R 50/01

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