Leitsatz

Über die Abzugsbeschränkung von Verlusten nach § 8 Abs. 4 KStG (steuerschädlicher Mantelverkauf), deren Höhe in Vorjahren festgestellt wurde, ist erst in einem Jahr mit positivem Ergebnis zu entscheiden. Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität eines Unternehmens kann in Einzelfällen auch ohne die Zuführung neuen Betriebsvermögens vorliegen.

 

Sachverhalt

Unternehmensgegenstand der A-AG war die Herstellung und der Vertrieb von Porzellan. Die Porzellanerzeugung wurde in 1992 beendet. Nach der Betriebsabwicklung war die A-AG nur noch vermögensverwaltend tätig. Bis 31.12.1992 wurden sämtliche Betriebs- und Geschäftsgrundstücke sowie das restliche Anlagevermögen veräußert. Der Bilanzverlust zum 31.12.1992 betrug 365.000 DM und erhöhte sich in den Folgejahren durch die Aufwendungen für die Altersversorgung der früheren Arbeitnehmer. In 2001 wurden mehr als 50 % der Anteile an der A-AG auf eine Beteiligungsgesellschaft übertragen. Im Rahmen der Veranlagung 2001 wurde der zum 31.12.2000 festgestellte Verlustvortrag vom Finanzamt als nicht abziehbar behandelt, da mehr als 50 % der Anteile veräußert und neues Aktivvermögen (Wertpapiere) zugeführt worden sei. Die Minderung des Bank- bzw. Kassenbestandes infolge Schuldentilgung sei nicht zu berücksichtigen. Entsprechend wurde zum 31.12.2001 eine Verlustfeststellung ohne Berücksichtigung des Verlustvortrages vom 31.12.2000 vorgenommen.

 

Entscheidung

Nach § 8 Abs. 4 KStG ist bei einer Körperschaft Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10 d EStG, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Durch diese Voraussetzung soll vermieden werden, dass eine "leere Gesellschaftshülle" einer im Wesentlichen vermögenslosen und nicht mehr erwerbstätigen Kapitalgesellschaft erworben wird, weil der Erwerber den Verlust der Gesellschaft nach § 10 d EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG verwerten möchte. Dies ist nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG insbesondere der Fall, wenn "mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt." In Bescheiden über die Feststellung vortragsfähiger Verluste wird lediglich die Höhe des jeweiligen Verlustbetrages für das spätere Abzugsjahr verbindlich festgelegt. Darüber, ob dem Abzug Abzugsbeschränkungen entgegenstehen, besagt die Feststellung nichts. Über die Abzugsfähigkeit des Verlustes ist somit erst bei der Steuerfestsetzung zu entscheiden. Die Tatsache, dass es sich um einen dem § 8 Abs. 4 KStG unterliegenden Verlust handelt, wird nicht gesondert festgestellt. Geht man von der seit 1992 ausgeübten rein vermögensverwaltenden Tätigkeit aus, so ist diese auch nach der Anteilsübertragung ohne Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens fortgeführt worden.

Eine betragsmäßige Zuführung neuen Betriebsvermögens von außen z.B. in Form von Einlagen oder der Aufnahme von Fremdmitteln liegt nicht vor. Eine gegenständliche Zuführung von Wirtschaftsgütern ist ebenfalls nicht gegeben. Darunter wird beispielsweise auch der Aktivtausch verstanden, da sich andernfalls durch schlichten Austausch vorhandener und neuer (aktiver) Wirtschaftsgüter § 8 Abs. 4 KStG umgehen ließe, auch wenn sich Struktur, Zusammensetzung und wirtschaftliche Bedeutung des Betriebsvermögens dadurch vollen Umfangs ändern würden. Derartige Vorgänge bedeuten aber dann keine Zuführung, wenn sie nach Art des Unternehmens für dessen Geschäftsbetrieb belanglos sind. Beispielsweise ist es für die Identität einer vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft belanglos, wenn im Umlaufvermögen die Minderung eines Bankguthabens teils zur Schuldentilgung und teils für die Anschaffung von Wertpapieren verwendet wird, weil sich auch hierdurch "Struktur, Zusammensetzung und wirtschaftliche Bedeutung des Betriebsvermögens" nicht ändern. Allerdings kann im Ausnahmefall der Verlust der wirtschaftlichen Identität nach § 8 Abs. 4 S. 1 KStG auch ohne die Zuführung neuen Betriebsvermögens im Moment des Anteilsverkaufs vorliegen. Dadurch dass 1992 sämtliches für die bisherige Produktion erforderliches Anlagevermögen sowie das Personal abgestoßen worden waren, stand ab diesem Zeitpunkt unwiderruflich fest, dass jede Betätigung mit dem Unternehmen, das die zurückliegenden und durch Bedienung der Altersversorgung auch die künftigen Verluste verursacht hatte, keinerlei wirtschaftliche Identität mehr aufweisen konnte. In einem solchen Fall spricht der Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG, nämlich zu vermeiden, dass eine "leere Gesellschaftshülle" einer im Wesentlichen vermögenslosen und nicht mehr erwerbstätigen Kapitalgesellschaft erworben wird, weil der Erwerber den Verlust der Gesellschaft nach § 10 d EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG verwerten möchte, dafür, ohne Rücksicht auf die Dauer des dazwischen liegenden Zeitraums im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung den Verlust der wirtschaftlichen Identitä...

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