Neue Entwicklungen bei der praktischen Anwendung künstlicher Intelligenz werden unter der Bezeichnung Cognitive Computing zusammengefasst. Hierunter versteht man selbstlernende Systeme, die in Echtzeit mit Menschen und anderen Systemen kommunizieren, sich an Interaktionen erinnern und eigenständig Rückschlüsse ziehen können. Hierbei wird häufig versucht, das menschliche Denkvermögen nachzubilden, um automatisierte Entscheidungen treffen zu können.

Beim Cognitive Computing steht die Begleitung des Menschen durch Erweiterung und Unterstützung menschlicher Fähigkeiten im Vordergrund. Vergleichbar einem Assistenten kann ein solches System viele Fragestellungen unterstützen, wie beispielsweise auf E-Mails antworten oder spontan Fragen zu unterschiedlichen Themengebieten beantworten. Der persönliche Diener ("Personal Butler") erscheint hier als sinnvolle Analogie: Er kennt die Präferenzen seines Gegenübers und kann einfache Aufgaben übernehmen und eigenständig erledigen.

Um den "Personal Butler" gut ausstatten zu können, ist es notwendig, dass dieser möglichst viel über die Gewohnheiten seines Gegenübers weiß. Der Computer kann von dem lernen, was der Mensch tut und wie er sich in konkreten Situationen verhält. Dazu können Sensoren zum Einsatz kommen. Mittlerweile lassen sich alle Benutzeraktivitäten im Computersystem loggen. Das Tracking von Benutzeraktivitäten im Web hat bereits eine lange Tradition. Online Eye Tracking ist eine etablierte Technik, um Lesegewohnheiten zu messen. Beim Betrachten von Berichten können Präferenzen erkannt werden, indem die Augenbewegungen auf Bildschirmmasken detailliert aufgezeichnet werden.

Cognitive Computing steht gewissermaßen orthogonal zu dem bekannten analytischen Reifegradmodell von Gartner zu Advanced Analytics, da es Descriptive, Diagnostic, Predictive und Prescriptive Analytics gleichermaßen unterstützt und um Aspekte wie zum Beispiel Suchen und Kommunikation ergänzt (s. Abb. 1).

Abb. 1: Cognitive Computing im analytischen Reifegrad-Modell

So ganz ohne Risiken ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Kommunikation allerdings nicht. Die Zeit titelte am 16. März 2016: "Twitter-Nutzer machen Chatbot zur Rassistin". Was war geschehen: Microsoft hat einen Chatbot namens Tay gestartet. Dieser sollte aus der Kommunikation mit anderen Teilnehmern lernen. Innerhalb kürzester Zeit äußerte Tay rechtsradikale und rassistische Sprüche, sodass Microsoft sich genötigt sah, ihn in den sofortigen Ruhestand zu versetzen. Andere Teilnehmer hatten ihn gezielt entsprechend trainiert. Man spottete damals auch "Roboter-Papagei mit Internetverbindung".

Die Gefahr des ungefilterten Lernens besteht auch bei einem Controlling-Bot. Wenn Anwender bei der Analyse wichtige Sachverhalte chronisch übersehen oder gar übersehen wollen, wird dies auch der Chatbot tun. Die Funktion des Butlers lebt schließlich von der Anwendung des gelernten.

Daneben ist es auch kritisch, dass meistens auch nicht mehr hinterfragt wird, warum eine bestimmte Entscheidung oder ein bestimmter Hinweis gegeben wurde. Wenn ein System mit falschen Informationen gefüllt wird, werden falsche Entscheidungen getroffen. Es ist dann äußerst schwer, die Gründe für falsche Entscheidungen nachzuvollziehen.[1] Hier ist ein durch Menschen lesbares Regelwerk dann deutlich überlegen. Verstehen und eigenständige Suchstrategien entwickeln wird wohl nicht obsolet.

Ein wichtiger Punkt ist der Einbezug von Handlungen unterschiedlicher Personen. Je mehr Personen vergleichbare Dinge tun, desto mehr Lehrmaterial hat die Maschine. Daraus können dann Vorschläge abgeleitet werden. Jeder kennt die Empfehlungen von Amazon, die auf Handlungen anderer Kunden basieren. Man muss sich aber dennoch bewusst sein, dass man mit so einem Ansatz immer in ausgetretenen Pfaden läuft. Auch ein sogenannter Recommender zieht seine Schlüsse daraus, was die Mehrheit macht und nicht unbedingt, was vielleicht besonders effektiv oder effizient wäre.

Eine wichtige Frage ist auch, wie initiativ ein solcher virtuelle Assistent sein sollte. Er kann rein passiv auf Fragen reagieren oder aber bereits frühzeitig antizipieren, was gewünscht sein könnte und entsprechende Vorschläge machen. Das Verstehen natürlicher Sprachen ist die Grundlage, um die Vielzahl an Informationen bewältigen zu können. Das Herausfiltern von redundanten Informationen bei der Zusammenfassung unterschiedlicher Quellen setzt ein solches Verstehen voraus. Texterzeugung (Natural language generation, NLG) beispielsweise das Erstellen von internen und externen Lageberichten. NLG ist ein wichtiger Bereich, um Auswertungen zusammenzufassen, oder Analysen zu erstellen.

Wie werden die Unterstützungen präsentiert? Einige Leser erinnern sich vielleicht noch an Karl Klammer, die etwas merkwürdige Büroklammer-Animation aus Microsoft Office. Von 1997 bis 2007 geisterte die Klammer munter über die Bildschirme der Welt, nämlich als Office-Assistent. Bei den meisten Benutzern entstand schnell der Wunsch, die Funktion abzuschalt...

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