Leitsatz

Die Wesentlichkeit einer Beteiligung ist für die Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts i.S.v. § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b, Abs. 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 veranlagungszeitraumbezogen zu beurteilen.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 2 S. 4, § 17 Abs. 4 EStG

 

Sachverhalt

Herr K. gründete mit zwei weiteren Beteiligten im August 1996 die I-GmbH. Er übernahm einen Geschäftsanteil von 25 %. Herr K. gewährte der GmbH ein Darlehen von 50 000 DM. Die vorgesehene Rückzahlung fiel aber aus, und im Jahr 2000 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt und die GmbH im Handelsregister gelöscht.

Herr K. machte den Auflösungsverlust steuerlich geltend – allerdings vergeblich.

 

Entscheidung

Bereits das FG Münster hatte die oben aufgeführten Grundsätze angewandt und deshalb im Urteil vom 10.08.2005, 1 K 2491/02 E (Haufe-Index 1454372, EFG 2006, 270) die Klage abgewiesen, weil Herr K. eben nicht in den gesamten fünf Jahren wesentlich beteiligt war. Seine Beteiligung von 25 % reichte bis 1998 nicht aus. Der BFH bestätigte diese Entscheidung, indem er die Revision des Herrn K. zurückwies.

 

Hinweis

1. Wer irgendwann in den letzten fünf Jahren an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt war, muss einen Veräußerungs- wie auch einen Auflösungsgewinn versteuern, § 17 Abs. 1 EStG. Entsteht aber ein Verlust, gelten besondere Regelungen.

2. So etwa dann, wenn ein Gesellschafter, unser Herr K., an einer GmbH seit 1996 zu 25 % beteiligt war, ihr ein Darlehen gibt und bei ihrer Liquidation im Jahr 2000 mit allem ausfällt. Hier war er nur in den Jahren 1999 und 2000, also auch im Liquidationsjahr wesentlich, nämlich mit mindestens 10 % beteiligt. Fraglich ist, ob dies ausreicht.

3. Nach der hier (für 2000) maßgebenden Gesetzesfassung des § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b, Abs. 4 EStG ist ein Auflösungsverlust nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt, die entgeltlich erworben sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung des Steuerpflichtigen i.S.v. Abs. 1 S. 1 gehört haben. Nun, so sagt Herr K., seiner Ansicht nach liegen die Voraussetzungen vor. Denn im Liquidationszeitraum war er ja wesentlich, nämlich zu mindestens 10 % (hier zu 25 %) beteiligt und diese Beteiligung lag in den gesamten letzten fünf Jahren vor. So ähnlich argumentiere ja die h.M. auch bei der Gewinnbesteuerung.

4. Der BFH sieht dies anders: Die Wesentlichkeit einer Beteiligung ist veranlagungszeitraumbezogen zu bestimmen, und das bedeutet: Man muss in jedem der fünf zurückliegenden Jahren schauen, ob Herr K. wesentlich beteiligt war – und dies war er nicht. Denn er war nur zu 25 % beteiligt und das reichte bis zum Jahr 1998 nicht aus, um eine wesentliche Beteiligung zu begründen.

5. Der BFH kann sich schon auf den unterschiedlichen Wortlaut stützen: Während § 17 Abs. 1 EStG darauf abstellt, ob der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich war, kommt es nach § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b EStG darauf an, ob er dies innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre gewesen ist. Um damit einen Missbrauch zu vermeiden, der darin liegen könnte, dass jemand durch kurzfristigen Zukauf von Anteilen eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung steuerlich mit einbezieht, verlangt das Gesetz einen sachlichen Zusammenhang zwischen der Steuerverhaftung einer Beteiligung und der Verlustberücksichtigung – und diesen sachlichen Zusammenhang kann nur eine Beteiligung vermitteln, welche die im jeweiligen Berücksichtigungszeitraum maßgebliche Wesentlichkeit erreicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.05.2008, IX R 62/05

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge