Zusammenfassung

Nicht zuletzt wegen der hohen Lohn(neben)kosten in Deutschland greifen inländische Unternehmer bei der Beauftragung von Werklieferungen oftmals auf im Ausland ansässige Anbieter (nachfolgend als "ausländische Unternehmer" bezeichnet) zurück. Dies gilt insbesondere in grenznahen Gebieten. Die Steuerschuld entsteht für den unternehmerischen Leistungsempfänger auch bei einer fehlerhaft erteilten Rechnung, selbst der Vorsteuerabzug ist in diesen Fällen möglich – ggf. sogar ohne Vorlage einer Rechnung. Unternehmer, auch Kleinunternehmer, müssen unbedingt beachten, dass die Steuerschuldnerschaft sogar bei "privat bezogenen Leistungen" greift und hier entsprechende Deklarationspflichten bestehen. Sie gilt allerdings nicht für reine Montagelieferungen.

1 Problematik

Werklieferungen werden grundsätzlich an dem Ort erbracht, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.[1] Die nachfolgenden Überlegungen konzentrieren sich vor allem auf die Leistungen von Bauunternehmern, Montagefirmen und anderen Handwerksbetrieben. Gegenstand dieser Leistungen sind regelmäßig die Errichtung bzw. Reparatur eines Gebäudes oder betrieblicher Anlagen. Sofern sich der zu be- oder verarbeitende Gegenstand (z. B. Gebäude) im Inland befindet, ist die Werklieferung des ausländischen Unternehmers im Inland steuerbar und grundsätzlich auch steuerpflichtig.[2]

Die Steuerschuld des leistenden Unternehmers geht gem. § 13b UStG auf den Leistungsempfänger über (Reverse-Charge-Verfahren). Dieser hat den Umsatz (sprich den Leistungseinkauf) in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung zu deklarieren und kann in entsprechender Höhe einen Vorsteuerabzug geltend machen, sofern er keine Ausschlussumsätze (z. B. bestimmte steuerfreie Umsätze) tätigt. Die Umsatzsteuer entsteht mit Ausstellung der Rechnung, spätestens aber mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats.[3] Der leistende ausländische Unternehmer ist grundsätzlich verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, die den Hinweis "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" enthält, einen gesonderten Steuerausweis hat er darin zu unterlassen.[4]

Nach einer Änderung der Verwaltungsauffassung muss spätestens ab dem Jahr 2021 danach unterschieden werden, ob tatsächlich eine Werklieferung oder "lediglich" eine Montagelieferung vorliegt.[5]

2 Gestaltungsempfehlungen

Zunächst muss sich der leistungsempfangende inländische Unternehmer darüber im Klaren sein, dass er auf die Anmeldung der Umsatzsteuer/Vorsteuer nach den Vorschriften zur Steuerschuldnerschaft nicht mit dem Argument verzichten kann, er selbst erbringe keine Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG.[1] Die Steuerschuldnerschaft für Werklieferungen ausländischer Unternehmer stellt nämlich darauf gerade nicht ab und ist insoweit als eigener, selbstständiger Tatbestand zu beachten.[2]

Generell sollte man sich bereits bei der Beauftragung des ausländischen Unternehmers über die umsatzsteuerlichen Folgen im Klaren sein und ihn ggf. darauf hinweisen, dass er keine Umsatzsteuer entrichten muss und er auch eine entsprechende Zahlung nicht vom Leistungsempfänger zu erwarten hat. Einigen (insbesondere) im Drittland ansässigen Unternehmern ist das Verfahren der Steuerschuldnerschaft, das auf Gemeinschaftsrecht beruht[3], noch immer gänzlich unbekannt oder nicht ganz klar. Selbst wenn der ausländische Geschäftspartner das "Reverse-Charge-Verfahren" aus seiner Heimat (z. B. EU-Mitgliedstaat) kennt, weiß er noch nicht automatisch, ob dies auch in seinem Fall in Deutschland zur Anwendung kommt.

Die Steuerschuld geht auch dann auf den Leistungsempfänger über, wenn ein gezielter Hinweis darauf in der Rechnung fehlt, sie also nicht den Anforderungen des § 14a UStG entspricht.[4] Dies ist in der Praxis häufiger der Fall, weil ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht faktisch nach wie vor noch sanktionslos bleibt.

Der ausländische Geschäftspartner ist auch deswegen frühzeitig auf die umsatzsteuerlichen Verfahrensweisen hinzuweisen, weil ansonsten die Geschäftsbeziehungen nachhaltig beeinträchtigt werden könnten. Schließlich schuldet er die Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 1 UStG, sofern er sie in der Rechnung gesondert ausweist.[5]

 
Praxis-Tipp

Stundung mit späterer Rechnungstellung kombinieren

Die Umsatzsteuer entsteht nach § 13b UStG mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Monats. Sofern mit dem leistenden Unternehmer wegen kurzfristiger Liquiditätsprobleme sowieso ein Zahlungsaufschub vereinbart worden ist und keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht (z. B. bei steuerfreien Umsätzen im Immobilienbereich), sollte er daher ggf. zusätzlich darum gebeten werden, auch seine Rechnung entsprechend später zu stellen, weil andernfalls die Umsatzsteuer trotz "Stundung" des Werklohns durch den leistenden Unternehmer vorab an das Finanzamt zu ...

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