Zusammenfassung
In bestimmten Fällen schuldet nicht der leistende Unternehmer, sondern ausnahmsweise der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt. Diese Umkehr der Steuerschuldnerschaft wird auch als "Reverse-Charge-Verfahren" bezeichnet und spielt national wie international (insbesondere innerhalb Europas) eine wichtige Rolle. Ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt, gleichen sich die geschuldete Reverse-Charge-Umsatzsteuer und der Vorsteuerabzug hieraus aus. Beim Reverse-Charge-Verfahren darf der Leistende in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer ausweisen. Andernfalls schuldet er die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG und der Leistungsempfänger erhält hieraus keinen Vorsteuerabzug (was bei ihm zu einer Doppelbelastung führt).
Das in der gesamten EU geltende (aber nicht immer einheitliche) Reverse-Charge-Verfahren ist im deutschen Recht in § 13b UStG sowie § 30a UStDV geregelt. Die dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen sind in Abschn. 13b.1–13b.18 UStAE enthalten.
Umsatzsteuer
1 Fälle des Reverse-Charge-Verfahrens
In den nachgenannten Fällen gab es ohne Reverse-Charge-Verfahren häufig Missbrauch zuungunsten des Staates, da der Leistende die Umsatzsteuer (oft mutwillig) nicht abführte und der Leistungsempfänger trotzdem den Vorsteuerabzug erhielt. Beim Reverse-Charge-Verfahren sind der Umsatzsteuerschuldner und der Vorsteuerabzugsberechtigte identisch.
In den folgenden – in § 13b Abs. 2 UStG abschließend aufgeführten – Fällen ist (anstatt des Leistenden) der Leistungsempfänger Schuldner der deutschen Umsatzsteuer, sofern er die in Spalte 3 genannten Voraussetzungen erfüllt:
Art der Leistung § 13b Abs. 2 UStG |
Leistender ist ein: | Leistungsempfänger muss sein: § 13b Abs. 5 UStG |
---|---|---|
Nr. 1: Werklieferungen, sonstige Leistungen[1] | im Ausland ansässiger Unternehmer (+ § 13b Abs. 1 UStG) |
Unternehmer oder juristische Person |
Nr. 2: Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens | Unternehmer | Unternehmer oder juristische Person |
Nr. 3: unter das Grunderwerbsteuergesetz fallende Umsätze, u. a. steuerpflichtige Grundstückslieferungen | Unternehmer | Unternehmer, der für sein Unternehmen erwirbt |
Nr. 4: Bauleistungen (= Werklieferung und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen))[2] | Unternehmer | ein Unternehmer, der selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt |
Nr. 5 (Buchst. a)[3]: Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, von Elektrizität oder von Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze unter den Bedingungen des § 3g UStG | im Ausland ansässiger Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 5 Buchst. b: nicht unter 5 Buchst. a fallende Lieferungen[4] | ||
– von Erdgas über das Erdgasnetz, | Unternehmer | Unternehmer, der selbst Erdgas liefert (= Wiederverkäufer i. S. d. § 3g UStG) |
– von Elektrizität, | Unternehmer, der Wiederverkäufer i. S. d. § 3g UStG ist | Unternehmer, der Wiederverkäufer i. S. d. § 3g UStG ist |
Nr. 6: Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nr. 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nr. 20 Projekt-Mechanismen-Gesetz, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nr. 21 Projekt-Mechanismen-Gesetz, (ab 1.1.2023) Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie (ab 1.1.2020) Gas- und Elektrizitätszertifikaten | Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 7: Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen | Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 8: Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen | Unternehmer | Unternehmer, der selbst nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen erbringt |
Nr. 9: steuerpflichtige Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325/1.000, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325/1.000 (aus Position 7109) | Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 10: Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen[5] sowie integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für die betroffenen Gegenstände in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt | Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 11: Lieferung der in der Anlage 4 zum UStG aufgezählten Edelmetalle und unedlen Metalle[6], wenn die Summe der für die betroffenen Gegenstände in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt.[7] | Unternehmer | Unternehmer |
Nr. 12: Sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation[8] | Unternehmer | Wiederverkäufer |
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