Leitsatz

Die Bestimmungen des Artikels 13 Teil C Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der 6. EG-RL schließen es nicht aus, dass ein Mitgliedstaat, der von der Befugnis Gebrauch gemacht hat, seinen Steuerpflichtigen das Recht einzuräumen, bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken für eine Besteuerung zu optieren, eine Regelung einführt, die den vollständigen Vorsteuerabzug von der nicht rückwirkenden vorherigen Zustimmung der Finanzverwaltung abhängig macht.

 

Normenkette

Art. 13 Teil B Buchst. 2 der 6. EG-RL , Art. 13 Teil C der 6. EG-RL (vgl. § 4 Nr. 12, § 9 UStG)

 

Sachverhalt

Ein Unternehmer errichtete ein Bürogebäude und vermietete es ab 1.1.1993 an eine Wirtschaftsprüferkanzlei mit ausgewiesener Umsatzsteuer. Erst am 29.6.1993 legte er dem FA die Optionserklärung zur Zustimmung vor; die Zustimmung wurde ihm am 30.6.1993 mit Wirkung vom 1.7.1993 erteilt. Der Mieter machte erfolglos die Vorsteuer ab 1.1.1993 geltend.

 

Entscheidung

Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Eine Einschränkung des Vorsteuerabzugsrechts durch gesetzliche Bedingungen der Option liegt danach nicht vor, wenn der Steuerpflichtige selbst es in der Hand hat, die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug rechtzeitig zu erfüllen und die Regelung die Sicherstellung der zutreffenden Besteuerung und der Rechtssicherheit hat.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen des luxemburgischen Cour d"appel zur Auslegung von Art. 13 Teil C der 6. EG-RL (vgl. § 9 UStG), der den Mitgliedstaaten das Recht einräumt, ihren Steuerpflichtigen das Recht einzuräumen, für eine Besteuerung der nach Art. 13 Teil B Buchst. 2 der 6. EG-RL (§ 4 Nr. 12 UStG) grundsätzlich steuerfreien Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu optieren. Die Richtlinienregelung erlaubt den Mitgliedstaaten auch "den Umfang des Optionsrechts einzuschränken; sie bestimmen die Modalitäten seiner Ausübung". Das deutsche UStG enthält zwar keine vergleichbare Regelung; gleichwohl sind die Grundsätze von allgemeinem Interesse.

Nach dem luxemburgischen UStG bedarf die Option einer vorherigen Zustimmung der Finanzverwaltung. Die Verwaltung muss innerhalb eines Monats nach Eingang der Optionserklärung darüber entscheiden; die Option wirkt jedoch erst nach Erteilung der Zustimmung und nur für die Zukunft.

Ob dies zulässig sei, war die Frage des Rechtsstreits. Zweifel hatte das vorlegende Gericht, ob die luxemburgische Regelung das – mit der Option verbundene – Vorsteuerabzugsrecht in ungerechtfertigter Weise beeinträchtigte, weil bei Vorliegen der Voraussetzungen der Option die Zustimmung nicht zurückwirkte.

Der EuGH, der stets die Bedeutung des Vorsteuerabzugsrechts für das System der Mehrwertsteuer betont, hat das verneint. Die 6. EG-RL räumt den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen ein (Rz. 21).

Ziel des Zustimmungserfordernisses war, es der Verwaltung zu ermöglichen, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen insbesondere in Bezug auf die Steuerpflichtigeneigenschaft des Mieters zu prüfen und Fälle von Hinterziehung und Missbrauch zu verhindern, und diente wegen der vorherigen Prüfung der Rechtssicherheit. Der EuGH bestätigte, dass das Zustimmungserfordernis zur Erreichung dieses Ziels sinnvoll sei (vgl. Rz. 26) und stellt kurz und knapp fest, dass das Zustimmungserfordernis schon deshalb keine Einschränkung bedeute, weil es dem Steuerpflichtigen zumutbar sei, vorher die Zustimmung einzuholen, zumal die luxemburgische Verwaltung innerhalb eines Monats über die Zustimmung entscheiden muss (vgl. Rz. 27).

Auch am Zeitpunkt der Wirkung der Option – erst nach Zustimmung nur für die Zukunft – hatte der EuGH nichts auszusetzen. Dies halte die Vermieter zur rechtzeitigen Abgabe der Optionserklärung an, während ein rückwirkendes Zustimmungsverfahren den umgekehrten Effekt hätte (Rz. 29).

 

Link zur Entscheidung

EuGH, vom 9.9.2004, Rs. C-269/03 – Vermietungsgesellschaft Objekt Kirchberg Sàrl –

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