Leitsatz

Vor der Eintragung der Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins in das Verzeichnis der Beratungsstellen darf die Behörde zur Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters die Vorlage einer Auskunft des Wohnsitz-FA über dessen steuerliches Verhalten verlangen; § 4b Abs. 2 LStHVDV enthält keine abschließende Aufzählung der Eintragungsunterlagen.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 2, § 23 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 5, 6 StBerG, §§ 4a, 4b LStHVDV, § 92 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Ein Lohnsteuerhilfeverein will eine neue Beratungsstelle einrichten. Die OFD verlangte von ihm, dass er vor deren Eintragung in das Verzeichnis der Beratungsstellen eine Bescheinigung vorlegt, in der das Wohnsitz-FA des künftigen Beratungsstellenleiters auf einem von der Finanzverwaltung bereitgestellten Vordruck ("Bescheinigung in Steuersachen") Auskunft über dessen Verhalten in eigener Sache gibt, z.B. ob dieser seine steuerlichen Pflichten erfüllt und keine Steuerschulden hat, ob gegen ihn Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen oder Steuerstrafen verhängt worden sind. Der Verein lehnte das zunächst ab, legte dann aber doch diese Bescheinigung vor und erhob gegen das betreffende Verlangen der OFD Fortsetzungsfeststellungsklage.

 

Entscheidung

Das Verlangen ist rechtmäßig. der BFH hat allerdings Zweifel geäußert, ob alle in dem betreffenden Vordruck vorgesehenen Fragen geeignet sind, die Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters zu überprüfen, so etwa wenn gefragt wird, ob diesem einmal AdV oder Stundung gewährt worden ist. Denn was hat das mit der persönlichen Zuverlässigkeit des betreffenden Steuerpflichtigen/Beratungsstellenleiters zu tun?

 

Hinweis

Die Eintragung der Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins in das betreffende, bei der OFD geführte Verzeichnis ist Voraussetzung für die Aufnahme der Beratungstätigkeit in dieser Beratungsstelle, also ein Verwaltungsakt. Das StBerG macht die Eintragung davon abhängig, dass der künftige Leiter der Beratungsstelle sich nicht so verhalten hat, dass die Besorgnis begründet ist, er werde die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen (§ 23 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 StBerG). Diese vorherige und damit in gewisser Weise prognostische Prüfung der Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters ist verfassungsrechtlich genauso wenig bedenklich wie die Reglementierung der Steuerberatung überhaupt, etwa der Vorbehalt zugunsten zugelassener (und entsprechend auf Zuverlässigkeit überprüfter) Steuerberater.

Die Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine (LStHVDV) enthält zwar Vorschriften, welche Unterlagen der Lohnsteuerhilfeverein mit seinem Antrag auf Eintragung einer neuen Beratungsstelle vorliegen muss.

Dem Gesichtspunkt der persönlichen Zuverlässigkeit des Beratungsstellenleiters betreffen diese Unterlagen allerdings allenfalls am Rand. Schon deshalb wäre es voreilig, den dortigen Katalog als abschließend in dem Sinn anzusehen, dass die OFD jedenfalls nicht routinemäßig (ohne besonderen Anlass aufgrund des Einzelfalls) weitere Unterlagen fordern darf.

Es ist auch nicht unzweifelhaft, ob vorgenannte Verordnung als Bundesrecht der für den Vollzug des StBerG von Verfassungs wegen zuständigen Landesbehörde das Verlangen einer Vorlage weiterer Unterlagen verbieten könnte. Zwar kann der Bund Vorschriften über das Verfahren bei der den Ländern obliegenden Ausführung des Bundesrechts erlassen. Handelt es sich aber noch um eine solche reine Verfahrensvorschrift, wenn – wie es hier der Fall wäre – durch eine bundesrechtliche Vorschrift die Landesbehörde praktisch außer Stand gesetzt würde, die vom Gesetz geforderte persönliche Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters im Vorhinein zu überprüfen?

Die Vereine werden über ein solches Verlangen, für ihre Beratungsstellenleiter steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorlegen zu müssen, verständlicherweise nicht glücklich sein; denn die Interpretation solcher Bescheinigungen kann zum Streit führen (scheint aber freilich bisher nicht zum Streit geführt zu haben). Das wäre dann aber nicht eigentlich die Folge des Vorlageverlangens, sondern die Folge davon, dass das Gesetz die Ausübung von Steuerberatung von einer Zulassung der betreffenden Berater abhängig macht, bei der gerade deren Eignung und Zuverlässigkeit überprüft werden soll. Welche Erkenntnisquellen dafür heranzuziehen sind, kann die betreffende Behörde nach § 92 AO grundsätzlich selbst bestimmen und muss sie bestimmen können, weil sie die Verantwortung für die von ihrer erlassenen Vollzugsmaßnahmen zu tragen hat. Ein Vorbehalt des Gesetzes besteht insofern im Allgemeinen nicht, auch nicht bei routinemäßigen Ermittlungen im typischen Fall.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.10.2006, VII R 17/05

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