Das Gesetz nennt bei einseitigen Rechtsgeschäften, insbesondere bei Kündigungen, eine Besonderheit: Der Bevollmächtigte hat seine Vollmachtsurkunde auf Aufforderung des anderen Teils sofort vorzulegen. Anderenfalls kann die Erklärung durch den anderen sofort zurückgewiesen werden, mit der Wirkung, dass das Rechtsgeschäft unheilbar unwirksam ist. Die Vorlage einer Kopie der Vollmachtsurkunde genügt den Anforderungen grundsätzlich nicht. Sie ist immer im Original vorzulegen. Original bedeutet ein mit nasser Tinte unterzeichnetes Blatt Papier. Eine Ausnahme hiervon bildet der Fall, in dem die Vollmacht im Handelsregister eingetragen ist (Prokura).

 
Praxis-Tipp

Bei Kündigung müssen die Vollmachten vorliegen

Eine entscheidende Rolle spielt die Vorlage einer Vollmachtsurkunde bei der Kündigung, insbesondere von Arbeitsverhältnissen. Spricht der Geschäftsführer oder Prokurist die Kündigung nicht selber aus, wird die Kündigung regelmäßig durch die Rechtsanwälte der Arbeitnehmer mangels Vollmacht zurückgewiesen. Auch bei einem Personalchef ist nicht ohne Weiteres von einer Vollmacht zur Kündigung auszugehen. Die Vollmacht kann in diesen Fällen grundsätzlich nicht nachgereicht werden, sondern es muss noch einmal unter Vorlage der originalen Vollmachtsurkunde gekündigt werden. Hierdurch kann dem Unternehmen ein Schaden entstehen, indem sich beispielsweise die Kündigungsfristen verschieben.

Beispiel: Ein frisch angestellter Arbeitnehmer A genießt ab dem 1.1.2017 Kündigungsschutz. Am 31.12.2016 kündigt der Abteilungsleiter V per eingeschriebenem Brief als Bevollmächtigter des Unternehmens das Arbeitsverhältnis mit dem A vor Ablauf der Probezeit, ohne aber die Original-Vollmachtsurkunde beizufügen. A weist die Kündigung des V mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde sofort zurück. V kündigt noch einmal am 1.1.2017, diesmal unter Vorlage der Vollmacht. Dies gilt rechtlich als neue Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt genießt der Arbeitnehmer aber Kündigungsschutz und kann sich deutlich besser gegen die Kündigung verteidigen.

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