Leitsatz

Wurde eine Kapitalgesellschaft, an der der Steuerpflichtige wesentlich beteiligt war, wegen Vermögenslosigkeit im Veranlagungszeitraum 2001 im Handelsregister gelöscht, so war sie liquidationslos vollbeendet und ein in diesem Zeitraum realisierter Verlust unterlag noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 17 Abs. 4 Satz 1, § 52 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 34 Abs. 1 und Abs. 14; § 11 Abs. 1, § 34 Abs. 1 und 14 KStG

 

Sachverhalt

Die mit ihrem ebenfalls klagenden Ehemann zusammen zur ESt veranlagte Klägerin war mit 25.000 DM am Stammkapital der P-GmbH hälftig beteiligt. 1994 gewährten die Eheleute – je hälftig – der GmbH ein Darlehen von 150.000 DM. Die GmbH wurde auf Antrag vom 12.4.2001 am 16.7.2001 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. Das Darlehen valutierte zu diesem Zeitpunkt noch mit 78.287 DM.

Das FA berücksichtigte zunächst bei der ESt-Festsetzung für 2001 keinen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG. Im Einspruchsverfahren beschränkten die Kläger den zunächst noch in voller Höhe geltend gemachten Auflösungsverlust auf den Anteil der Klägerin am Stammkapital und den hälftigen Anteil an der Darlehensforderung. Das FA berücksichtigte mit Teilabhilfebescheid einen – nach dem HEV – hälftigen gewerblichen Verlust von 32.072 DM und wies den Einspruch im Übrigen zurück.

Das FG gab der Klage mit in EFG 2005, 1347 veröffentlichtem Urteil statt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Urteil zwar im Ergebnis, soweit das FG die Anwendung des HEV auf den Auflösungsverlust verneint hatte, allerdings mit abweichender Begründung. Der BFH musste das Urteil gleichwohl aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen, da ausreichende Feststellungen hinsichtlich der Qualifizierung des Darlehens als sog. Finanzplankredit fehlten.

Mangels eines im VZ 2001 zu bildenden BZ bedurfte es im Streitfall nicht einer Entscheidung, ob die Kapitalgesellschaft bei Bildung eines BZ noch ein Wirtschaftsjahr hat, an welches die Übergangsregelung in § 52 Abs. 4b EStG bzgl. der erstmaligen Anwendung des HEV nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG anknüpfen könnte. Vielmehr war der Liquidationsverlust bereits im Rumpfwirtschaftsjahr der GmbH im VZ 2001 endgültig entstanden und nicht erst nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, in welchem nach § 34 Abs. 1 KStG das neue KSt-Recht anzuwenden ist. Mangels Liquidation kommt somit die Übergangsregelung in § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG nicht zum Zug.

Eine Zurückverweisung war unentbehrlich, da die Annahme eines Finanzplankredits grundsätzlich eine anhand von Indizien vorzunehmende Gesamtwürdigung des Darlehens erfordert (grdl. BFH, Urteil vom 4.11.1997, VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344), sich das FG indes allein mit der – unbestrittenen – (Rechts-)Behauptung der Kläger begnügt hatte, um insoweit nachträgliche Anschaffungskosten zugrunde zu legen.

 

Hinweis

1. Da die Anwendungsregelung für die erstmalige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens (HEV) an das Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft, nicht jedoch an den Besteuerungszeitraum (BZ) der Gesellschaft anknüpft, wird die Frage unterschiedlich beantwortet, ab welchem Zeitpunkt das HEV auf den Anteilseigner in Liquidationsfällen anzuwenden ist.

2. Die erstmalige Anwendung des HEV auf Liquidationsgewinne oder -verluste – bereits im VZ 2001 oder erst ab dem folgenden VZ – hat zu den unterschiedlichsten Interpretationen geführt, im Einzelnen vgl. das BFH-Urteil vom 27.3.2007, VIII R 25/05 (BFH-PR 2007, 341).

3. Nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Nach Satz 2 der Regelung ist Satz 1 entsprechend in den Fällen des § 17 Abs. 4 EStG anzuwenden.

4. Nach § 52 Abs. 4b Nr. 2 EStG ist die Regelung erstmals auf derartige Erträge nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, anzuwenden, für das das KStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 erstmals anzuwenden ist.

5. Bei einem dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahr wird das neue KSt-Recht erstmals im Jahr 2001 angewendet. Veräußerungen werden somit bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr erstmals nach dem HEV besteuert.

6. Hingegen ist das neue KSt-Recht nach § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG erstmals auf Liquidationen anzuwenden, deren BZ im Jahr 2001 endet. Diese Anordnung entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass für den gesamten BZ das zum Ende des Liquidationszeitraums geltende Recht anzuwenden ist.

7. Nach § 11 Abs. 1 KStG wird der BZ abweichend von § 7 Abs. 4 KStG nicht kalenderjahrbezogen bestimmt, sondern als der die Abwicklung umfassende Zeitraum, der allerdings nach Satz 2 drei Jahre nicht übersteigen soll.

8. BZ ist somit grundsätzlich nicht das einzelne Kalenderjahr, sondern der gesamte Abwicklungszeitraum. Auf der Ebene der Körperschaft ist die Liquidationsbesteuerung also nach den Regeln des HEV vorzunehmen.

9. Grundsätzlich wird die Anwendung des neuen Rechts auf der Ebene des Anteilseigners von de...

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