Leitsatz

§ 68 Nr. 2 Buchst. b AO umfasst nach seinem Sinn und Zweck nur Einrichtungen, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Dritte erbringen, nicht aber solche, die über Jahre hinweg Leistungen an Dritte ausführen und hierfür auch personell entsprechend ausgestattet sind.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1993, § 14, § 52 Abs. 1, § 54 Abs. 1, § 64 Abs. 1, § 65, § 68 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Ein gemeinnütziger Verein, der einem amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen war, sowohl die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 S. 1 AO als auch die des § 54 Abs. 1 AO erfüllte, erledigte mit seiner Verwaltungs- und Geschäftsstelle für kleinere Mitgliedsvereine bzw. Kindergärten ohne eigene Verwaltung Verwaltungsdienstleistungen (z.B. Abrechnung von Leistungen, Gehaltsabrechnungen, Buchhaltung und Vorbereitung von Jahresabschlussarbeiten). Er beanspruchte hierfür den ermäßigten Steuersatz nach § 68 Nr. 2 Buchst. b AO i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

FA und FG lehnten dies ab (FG Nürnberg, Urteil vom 04.08.2006, II 112/2004, Haufe-Index 1644117, EFG 2007, 459).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG. Die streitigen Leistungen konnten auch von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe ausgeübt werden. Der Wettbewerbssituation stand dabei weder entgegen, dass die Leistungsempfänger diese Leistungen nicht am freien Markt beziehen durften und der Kläger seine Leistungen nur an seine Mitglieder erbringen wollte. Die Wettbewerbssituation wird nicht durch die subjektive Entscheidung des Leistungsempfängers, Leistungen nur von einem bestimmten Anbieter oder Kreis von Anbietern zu empfangen, aufgehoben. Dasselbe gilt für die Entscheidung des Leistenden, nur an bestimmte Empfänger zu leisten.

 

Hinweis

1.§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 2 UStG schließt die Steuervergünstigung selbst bei Verfolgung gemeinnütziger oder kirchlicher Zwecke aus, wenn diese Zweckverfolgung zur Erbringung von Leistungen führt, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) vor, bleibt gem. § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung nur erhalten, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 2 UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist. Dementsprechend sind Tatbestandsmerkmale, die zu dieser Ausnahme führen, eng auszulegen.

2."Verwaltungsleistungen für Dritte" erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 68 Nr. 2 AO. Als Zweckbetrieb gelten nach § 68 Nr. 2 AO, der der allgemeinen Regelung der Zweckbetriebe in § 65 AO als lex specialis vorgeht, "landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern (a) und andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien (b)".

Diese Steuerbegünstigung des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO umfasst ihrem Sinn und Zweck nach nur Einrichtungen, die ihrer Art nach nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Dritte erbringen, nicht aber solche, die personell für die dauerhafte Erbringung von Leistungen an Dritte ausgestattet sind. Vor allem werden von § 68 Nr. 2 Buchst. b AO nur solche Einrichtungen umfasst, die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind. Das trifft auf reine Verwaltungstätigkeiten, die in dieser Art bei nahezu allen Wirtschaftsunternehmen anfallen, nicht zu. Ohne Bedeutung für die Beurteilung als Zweckbetrieb ist, ob die Leistungsempfänger ihrerseits begünstigt sind.

3. Ein Zweckbetrieb nach § 65 AO setzt – kumulativ (!) – voraus dass er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Sind die von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen Zwecke auch ohne steuerrechtlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.01.2009 – V R 46/06

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