Rz. 29

Retrograde Preisbestimmung. Die Wiederverkaufspreismethode,[1] auch Absatzpreismethode genannt, ist grundsätzlich anwendbar, wenn ein verbundenes Unternehmen einem anderen verbundenen Unternehmen Lieferungen oder Leistungen erbringt bzw. von diesem empfängt und diese Lieferungen oder Leistungen danach an fremde Dritte weiterveräußert werden. Dabei wird der Marktpreis aus dem Wiederverkauf (Wiederverkaufspreis) retrograd um eine Spanne, deren Höhe sich an den Funktionen und Risiken des Wiederverkäufers orientiert, gekürzt, um so zu dem Einkaufspreis des wiederverkaufenden Unternehmens (der gleichzeitig der Verkaufspreis des Verkäufers an den Wiederverkäufer ist) zu gelangen. Der Marktpreis bei Wiederverkauf der Lieferung oder Leistung an fremde Dritte bildet damit die Ausgangsbasis der Wiederverkaufspreismethode. Der angemessene Verrechnungspreis wird also auf retrogradem Weg durch Subtraktion bestimmt:

 
    Marktpreis bei Wiederverkauf an Dritte
./.   marktübliche Handelsspanne des Wiederverkäufers
=   angemessener Verrechnungspreis
 

Rz. 30

Ermittlung der Handelsspanne. Während der mit dem unabhängigen Käufer tatsächlich vereinbarte Preis einen objektivierten Wert und somit ein "Datum" darstellt, besteht die Schwierigkeit der Wiederverkaufspreismethode in der Bestimmung der "marktüblichen" Handelsspanne.[2] Die marktübliche Handelsspanne kann durch tatsächlichen Fremdvergleich (Rz. 15 ff.) oder – nachrangig – durch hypothetischen Fremdvergleich ermittelt werden. Im Rahmen des tatsächlichen Fremdvergleichs kann die Handelsspanne entweder – analog zum inneren Preisvergleich – durch inneren Margenvergleich in Fällen bestimmt werden, in denen ein konzernzugehöriger Wiederverkäufer bestimmte Lieferungen oder Leistungen gleichermaßen sowohl an fremde Dritte als auch an verbundene Unternehmen verkauft. Beim äußeren Margenvergleich wird – analog zum äußeren Preisvergleich – dagegen die Handelsspanne aus Handelsspannen solcher Zwischenhändler abgeleitet, die sowohl von Fremden erwerben als auch an Fremde weiterverkaufen. Dies kann etwa mittels einer Datenbankanalyse geschehen. Regelmäßig erweist es sich in der Verrechnungspraxis jedoch als problematisch, entsprechende Vergleichsunternehmen zu identifizieren, die die gleiche Stellung wie die verbundenen Unternehmen zueinander haben, über vergleichbare Geschäftsbeziehungen verfügen, dabei ein vergleichbares unternehmerisches Risiko tragen und dass sowohl der Zeitpunkt oder Zeitraum der zu vergleichenden Geschäfte als auch die Konditionen zumindest annähernd gleich sind. Vor diesem Hintergrund kommt der Bestimmung der Handelsspanne durch hypothetischen Fremdvergleich in der Verrechnungspreispraxis eine entscheidende Bedeutung zu. Hierbei wird die Handelsspanne auf der Grundlage einer auf Planbasis kalkulierten Kostenerstattungskomponente und eines Gewinnelements bestimmt. Die Kostenerstattungskomponente umfasst die Kosten des Vertriebes, also z. B. die Vertriebs- und Verwaltungskosten (nicht jedoch die Bezugskosten, für die ja der angemessene Verrechnungspreis zu bestimmen ist). Das Gewinnelement kann zum einen als angemessener Gewinnaufschlag auf die Kostenerstattungskomponente oder als angemessene Umsatzrendite kalkuliert werden. Im ersteren Fall handelt es sich um eine Kombination von Wiederverkaufspreis- und Kostenaufschlagsmethode, die üblicherweise bei Vertriebsgesellschaften mit Dauerverlusten zur Anwendung kommt, die als Routineunternehmen einzuordnen sind und deshalb einen geringen, aber stabilen Gewinn erzielen sollen. Die Kalkulation des Gewinnelements als angemessene Umsatzrendite entspricht demgegenüber der TNMM.

 

Rz. 31

Anwendungsbereiche. Hauptanwendungsbereich der Wiederverkaufspreismethode ist die Verrechnungspreisermittlung im Zusammenhang mit Vertriebsgesellschaften. Entsprechend dem in § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG für die Auswahl der Verrechnungspreismethode geregelten OECD-Konzept[3] der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" kommt zwar stets die Verrechnungspreismethode zur Anwendung, die für den konkreten Sachverhalt die am besten geeignete Methode ist. Dies unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine sog. geschäftsvorfallbezogene Standardmethode oder um eine sog. geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode handelt. Sind allerdings nach der Vergleichbarkeitsprüfung und nach der Informationsverfügbarkeit eine geschäftsvorfallbezogene Standardmethode und eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode gleich geeignet und nebeneinander gleich zuverlässig anwendbar, ist nach den OECD-Leitlinien die geschäftsvorfallbezogene Standardmethode vorrangig anzuwenden.[4] Ferner hat die Preisvergleichsmethode bei gleicher Eignung und gleich zuverlässiger Anwendbarkeit stets Vorrang vor jeder anderen Verrechnungspreismethode.[5] Die auch nach der Rechtsprechung des BFH[6] zu präferierende Preisvergleichsmethode ist jedoch mangels Vorliegens der Anwendungsvoraussetzungen regelmäßig nicht anwendbar. Dementsprechend sieht der BFH bei Lieferungen an eine Vertriebsges...

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