Leitsatz

Die Frage, ob zwei Vermietungen einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellen, ist nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung bzw. dem Begriff der sog. Nebenleistung zu entscheiden. Für die Vermietung von Büros und für die Vermietung von Kfz-Stellflächen gibt es jeweils einen eigenständigen Markt. Die Anmietung ist daher nicht zwingend als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang anzusehen. Gibt es weder rechtliche noch faktische Zwänge, die Vermietung der Parkplätze an die Mieter des Bürohauses vorzunehmen und ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein zwingender Zusammenhang zwischen beiden Vermietungsarten zu verneinen, so kann die Vermietung der Parkflächen eine eigenständige umsatzsteuerliche Leistung darstellen.

 

Sachverhalt

Ein Unternehmer erstellte Bürogebäude, die er teilweise steuerfrei vermietete. Neben dem Bürogebäude errichtete der Unternehmer ein Parkdeck, auf dem sich insgesamt 30 Einstellplätze befinden. Die Parkplätze vermietete der Unternehmer mit gesonderten Mietverträgen an die Mieter des Bürogebäudes. Nach den geschlossenen Verträgen gab es zwischen den Mietverträgen für die Parkplätze und den Mietverträgen bezüglich der Büroflächen keine rechtlichen Verbindungen. Die Anzahl der von den jeweiligen Mietern gemieteten Parkplätze steht auch in keiner feststehenden Relation zu der Größe der jeweils angemieteten Büroflächen. Eine Unternehmerin behandelte die Parkplatzvermietung als umsatzsteuerpflichtige Vermietung und machte deshalb hieraus den vollen Vorsteuerabzug geltend. Demgegenüber sah das Finanzamt in der Parkplatzvermietung eine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung der Büroflächen an.

 

Entscheidung

Für den Streitfall ist bedeutsam, dass aus der Sicht eines Leistungsempfängers die Überlassung von Büroflächen unabhängig davon erfolgt, ob für den Nutzer dieser Flächen ein ausreichender Platz zum Abstellen von Kraftfahrzeugen in unmittelbarer Nähe zum Büro vorhanden ist. Andererseits sind bekanntermaßen Parkflächen im Innenstadtbereich einer großen Stadt knapp bemessen und deshalb bezüglich einer Anmietung für einen durchschnittlichen Leistungsempfänger auch dann interessant, wenn damit nicht die Anmietung eines Büros verbunden wäre. Aus diesen Gründen gebe es für die Vermietung von Büros und für die Vermietung von Stellflächen jeweils einen eigenständigen Markt. Daher könne die Anmietung nicht als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang gesehen werden. Die Vermietung der Parkflächen stelle deshalb eine umsatzsteuerliche eigenständige Leistung dar.

 

Hinweis

Das Finanzamt hat gegen das vorstehende Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil steht im Widerspruch zur Verwaltungsauffassung in Abschn. 77 Abs. 3 Beispiel 2 UStR. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 09.11.2005, 16 K 517/04

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