Leitsatz

Wendet ein Gesellschafter für die Zuführung von verdeckten Gewinnausschüttungen sog. Zuführungskosten auf, handelt es sich um Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte veranlasst sind. Sie sind Werbungskosten i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

 

Sachverhalt

Der Kläger schloss einen Treuhandvertrag, wonach er als Treugeber Anteile an einer zu gründenden GmbH halten sollte. Zehn Jahre später erstattete der Steuerberater des Klägers im Namen des Klägers wegen bisher nicht erfasster Einnahmen aus Kapitalvermögen aus verdeckter Gewinnausschüttung aus der GmbH Selbstanzeige.

Parallel zum steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren führte das Finanzamt eine Außenprüfung beim Kläger wegen Einkommensteuer durch und stellte über die in der Selbstanzeige hinausgehenden verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) fest. Den ermittelten vGA lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Dritter hatte der GmbH diverse Rechnungen ausgestellt. Bei diesen Rechnungen handelte es sich um Scheinrechnungen, da über Leistungen abgerechnet wurde, die nie erbracht wurden. Die von der GmbH entweder bar, per Scheck oder durch Überweisung an den Dritten bezahlten und als Betriebsausgaben bei der GmbH erfassten Rechnungsbeträge flossen an den Kläger nach jeweiligem Abzug des Betrags der offen ausgewiesenen Umsatzsteuer und einem Betrag von 4 % des Nettorechnungsbetrages als "Provision" bar zurück.

Das Finanzamt erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide, gegen die der Kläger erfolglos Einsprüche einlegte. Der Kläger argumentierte, dass es sich bei den an den Dritten gezahlten und verbliebenen Beträgen um Aufwendungen handele, die ihm um der vGA willen entstanden seien und damit um Aufwendungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen stehen würden. Entsprechend handele es sich um Aufwendungen zum Erwerb der Einnahme vGA und damit um Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

 

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte der Kläger Erfolg. Die einbehaltenen "Provisionen" des Dritten seien als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aufgrund der vGA zu berücksichtigen. Es handele sich um Zuführungskosten zur Erlangung der vGA aufgrund der erstellten Scheinrechnungen. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung sind Werbungskosten alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte zu erfassender Einnahmen veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen (BFH, Beschluss v. 4.7.1990, GrS 2-3/88, BFHE S. 161, 290, BStBl 1990 II S. 817, 823). Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sonstige Bezüge aus Anteilen an GmbHs. Zu diesen sonstigen Bezügen gehören auch vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Wendet der Gesellschafter für die Zuführung von vGA sog. Zuführungskosten auf, so handele es sich um Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte veranlasst sind. Sie seien daher Werbungskosten i. S .d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Zuführungskosten sind Aufwendungen, die durch die Zuführung der vGA ausgelöst werden (z.B. Bearbeitungsgebühren, Provisionen Dritter). Es komme dabei nicht darauf an, ob diese Zuführungskosten rechtmäßig oder rechtswidrig oder aufgrund einer Straftat geleistet werden. Denn im Steuerrecht sei es unerheblich, ob die Aufwendungen verboten oder sittenwidrig sind (§ 40 AO; BFH, Urt. v. 18.2.1982, IV R 46/78, BStBl 1982 II S. 394, 396 zu Schmiergeldern). Sie müssen nur in einem Zurechnungszusammenhang zu den vGA stehen.

 

Hinweis

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass solche Aufwendungen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht durch den Betrieb der GmbH veranlasst sind (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 4 EStG). Sie stellen deshalb bei ihr keine Betriebsausgaben dar (BFH, Urt. v. 22.2.1989, I R 44/85, BStBl 1989 II S. 475, 477).

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.07.2012, 11 K 87/10

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