Leitsatz

Der Gewinn aus der Veräußerung einer nichtwesentlichen Beteiligung an einer → Kapitalgesellschaft ist auch dann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen, wenn der Gesellschafter die Beteiligung erst neu erworben hat, nachdem er zuvor innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums eine wesentliche Beteiligung insgesamt veräußert hat und mithin vorübergehend überhaupt nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt war.

Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war bis Anfang 1990 mit 30% an der X-GmbH beteiligt. Anfang 1990 übertrug er Anteile an der X-GmbH i. H. von 5% unentgeltlich auf seine Kinder. Am 26. 11. 1991 veräußerte der Kläger den ihm verbliebenen Anteil von 25% an Y. Einen Tag später erwarb er von A einen weiteren 25%-Anteil an der X-GmbH und veräußerte diesen im Jahr 1992 ebenfalls an Y. Das Finanzamt unterwarf auch den vom Kläger im Streitjahr 1992 erzielten → Veräußerungsgewinn der Besteuerung nach § 17 EStG. Klage und Revision des Klägers blieben erfolglos.

Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist im Streitfall erfüllt. Danach reicht es aus, dass der veräußernde Gesellschafter einmal während des Fünf-Jahres-Zeitraums an der Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt gewesen ist (BFH, Urteil v. 7. 7. 1992, VIII R 54/88, BStBl 1993 II S.331). Der aus der Entstehungsgeschichte ersichtliche Zweck des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG spricht nicht für eine einschränkende Auslegung. Wenn der Gesetzgeber das Ziel, durch die Fünf-Jahres-Frist Steuerumgehungen zu vermeiden, gerade nicht durch eine Regelung verwirklicht hat, deren Wortlaut verlangt, dass die veräußerten Anteile zu irgendeinem Zeitpunkt Teil einer wesentlichen Beteiligung gewesen sein müssen, sondern durch eine Befristung, dann spricht dies dafür, dass er damit gleichzeitig auch noch andere Ziele verfolgen wollte.

Dementsprechend hat der BFH in der zeitlichen Begrenzung der Steuerverhaftung auf fünf Jahre einen gewissen Ausgleich für die weitgehende Erfassung von Mehrwerten gesehen, die sich nach dem Absinken der Beteiligung auf 25% und darunter gebildet haben (BFH, Urteil v. 10. 11. 1992, VIII R 40/89, BStBl 1994 II S. 222). Dieser Zweck greift aber auch dann ein, wenn innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums vorübergehend keine Beteiligung bestanden hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.04.1999, VIII R 58/97

Hinweise:

Schon früher hatte der BFH entschieden, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht einschränkend dahin auszulegen sei, nur die Veräußerungen solcher Gesellschaftsanteile seien zu erfassen, die zuvor Teil einer wesentlichen Beteiligung gewesen seien (vgl. BFH, Urteil v. 7. 7. 1992, VIII R 54/88, BStBl 1993 II S. 331; BFH, Urteil v. 10. 11. 1992, VIII R 40/89, BStBl 1994 II S. 222; BFH, Urteil v. 24. 4. 1997, VIII R 23/93, BFHE 183, 397, 400). Allerdings war in der bisherigen Rechtsprechung des BFH ausdrücklich offengelassen worden, ob dies auch dann gelte, wenn eine wesentliche Beteiligung insgesamt veräußert und anschließend – innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums – eine weitere, für sich genommen nicht wesentliche Beteiligung an derselben Gesellschaft erworben und wieder veräußert wurde. Diese noch offene Frage ist nunmehr durch das Besprechungsurteil bejaht worden.

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