Leitsatz

1. Leistungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege an andere steuerbegünstigte Körperschaften sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG 1993 steuerfrei, wenn sie einer gemeinnützigen GmbH und deshalb nicht unmittelbar den in der Satzung bezeichneten hilfsbedürftigen Personen i.S.d. §§ 53, 66 AO zugute kommen.

2. Für diese Leistungen kann die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG gewährt werden, wenn die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§§ 66, 65 AO) erfüllt sind.

 

Normenkette

§ 53 AO , § 60 AO , § 65 AO , § 66 AO , § 4 Nr. 18 UStG , § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG , § 23 Nr. 4 UStDV

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein (Orts-)Verband eines Verbands der Freien Wohlfahrtspflege i.S.d. § 4 Nr. 18 des UStG 1993 (Satzungszweck u.a der "Blutspendedienst") wirkte zum großen Teil durch unbezahlte Helfer bei der Organisation und Durchführung von Blutspendeterminen einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) mit, die ihrerseits den medizinisch-technischen Teil der Gewinnung von Blutkonserven ausführte. Der Kläger erhielt hierfür – ohne dass dies ausdrücklich vorher vereinbart war – von der gGmbH pro Spender eine Pauschale.

Der Kläger war der Auffassung, diese Leistungen des Vereins unterlägen nicht der Umsatzsteuer. Das FA sah dies anders. Das FG (EFG 2002, 304) meinte dagegen, die Leistungen seien (nur) mit dem begünstigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zu besteuern. Gegen das Urteil wandten sich sowohl der Kläger wie das FA.

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Auffassung von FA und FG, dass § 4 Nr. 18 UStG nicht erfüllt war. Sollen Personen, die aufgrund einer Notlage Blut oder Blutderivate benötigen und aufgrund der Blutspenden mit Blut versorgt werden sollen, begünstigt werden, sind begünstigt nur Leistungen, die unmittelbar diesen Personen zugute kommen. Das war nicht der Fall.

Die für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG vorausgesetzten Merkmale des § 65 Nr. 1 und 2 AO sah der BFH – wie das FG – erfüllt; dass der Kläger nur einen Teil, die gemeinnützige GmbH den anderen Teil des satzungsgemäßen Gesamtkonzepts verwirklichte, war nicht entscheidend. Auch war diese Tätigkeit selbst eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Versorgung mit Blut und Blutbestandteilen durch die ebenfalls gemeinnützige GmbH.

Keine ausreichenden Feststellungen des FG gab es zur Wettbewerbssituation (§ 65 Nr. 3 AO) – Angebot und Nachfrage – im Tätigkeitsbereich des Klägers; denn nur auf dieser Grundlage lässt sich beurteilen, ob ein anderer – nicht steuerbegünstigter – Betreiber die gegebene Nachfrage in ähnlicher Weise wie der Kläger befriedigen könnte.

 

Hinweis

Eine Leistung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 UStG) liegt regelmäßig vor, wenn ein Unternehmer für einen anderen tätig wird und hierfür einen Aufwendungsersatz erhält. An der Entgeltlichkeit einer Leistung fehlt es weder deshalb, weil keine ausdrückliche Verpflichtung zur Tätigkeit, für die Entgelt gewährt wird, vorliegt. Schlüssiges Verhalten reicht. Die Steuerbarkeit entfällt nicht etwa deshalb, weil die Leistungsempfänger "freiwillige" Zahlungen erbracht haben. Selbst auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs kommt es nicht an. Erhält ein gemeinnütziger Verein für seine – nicht ausdrücklich entgeltlich vereinbarte – Mithilfe bei der Organisation und Durchführung eines Blutspendendienstes durch eine gemeinnützige GmbH einen pauschalierten Aufwendungsersatz, liegt steuerbarer Umsatz vor.

§ 4 Nr. 18 UStG befreit die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und den ihnen angeschlossenen Mitgliedern. Zur Prüfung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ist zunächst der Satzungszweck zu ermitteln; denn die Befreiung setzt – neben anderen Voraussetzungen – voraus, dass die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugute kommen (Buchst. b der Vorschrift). Nach § 60 Abs. 1 AO ist der Satzungszweck festzuschreiben (Funktion eines Buchnachweises). Das schließt aber eine Auslegung anhand der Gesamtheit der Satzungsbestimmungen nicht aus. Es reicht also nicht, wenn die Leistung lediglich Eingangsleistung für eine andere Leistung darstellt, die der Leistungsempfänger erst an die in § 53 AO bezeichneten Personen erbringt.

§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG begünstigt Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn dieser ein Zweckbetrieb ist (§ 64 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 65 bis 68 AO). Ein Zweckbetrieb i.S.d. § 66 AO setzt voraus, dass die Leistungen der Einrichtung der Wohlfahrtspflege zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO bezeichneten Personen – unmittelbar (siehe oben) – zugute kommen (§ 66 Abs. 1 und Abs. 3 AO).

Ein Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO liegt nur vor, wenn alle 3 Voraussetzungen des § 65 AO erfüllt sind.

  • Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dient in seiner Gesamtrichtung auch dann dazu, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (vgl. § 65 Nr. 1 AO), wenn er im Zusammenwirken mit einer and...

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