5.1 Sonstige Leistungen von Unternehmern im EU-Ausland

Die Steuerschuldnerschaft geht auf den Leistungsempfänger über, wenn es sich um eine Leistung handelt, die ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ausführt und sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG richtet. Führt also ein im Ausland ansässiger Unternehmer eine sonstige Leistung an einen Unternehmer im Inland aus und befindet sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 2 UStG im Inland, ist zwingend das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden.

5.2 Werklieferungen und sonstige Leistungen von einem im Ausland ansässigen anderen Unternehmer

Von der Grundregelung des § 3a Abs. 2 UStG, wonach bei grenzüberschreitenden Leistungen der Leistungsort sich am Sitz des Unternehmens befindet, das die Leistung erhält, gibt es Ausnahmen. In diesen Fällen ist das Reverse-Charge-Verfahren gem. § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG anzuwenden.

 
Praxis-Beispiel

Reverse-Charge-Verfahren bei grenzüberschreitenden Bauleistungen

Ein in Kiel ansässiger Bauunternehmer hat den Auftrag erhalten, in Flensburg ein Geschäftshaus zu errichten. Lieferung und Einbau der Fenster lässt der in Kiel ansässige Bauunternehmer von seinem dänischen Subunternehmer aus Kopenhagen ausführen.

Der in Dänemark ansässige Unternehmer erbringt im Inland eine steuerpflichtige Werklieferung an den deutschen Bauunternehmer.[1] Die Umsatzsteuer für diese Werklieferung schuldet der deutsche Bauunternehmer.[2]

 
Praxis-Beispiel

Ort der Dienstleistung entscheidet

Ein in Frankreich ansässiger Architekt plant für einen Unternehmer, der in Stuttgart ansässig ist, die Errichtung eines Gebäudes in München. Der in Frankreich ansässige Architekt erbringt im Inland (Deutschland) umsatzsteuerpflichtige Leistungen, für die der in Deutschland ansässige Unternehmer die Umsatzsteuer schuldet.[3]

5.3 Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände

Hat sich ein Unternehmer zur Sicherung seiner Forderung einen Gegenstand sicherungshalber übereignen lassen, ist er bei der Verwertung (außerhalb des Insolvenzverfahrens) verpflichtet, die Umsatzsteuer, die bei der Verwertung des sicherungsübereigneten Gegenstands anfällt, ans Finanzamt abzuführen.

 
Praxis-Beispiel

Verkauf eines sicherungsübereigneten Pkw

Der Unternehmer Hauser aus Köln finanziert die Anschaffung seines Firmenwagens über eine Bank in Köln. Bis zur Rückzahlung des Darlehens lässt sich die Bank den Pkw sicherungsübereignen. Da Hauser seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, verwertet die Bank den Pkw durch Veräußerung an einen privater Abnehmer.

Mit der Veräußerung des Pkw durch die Bank liegen umsatzsteuerlich zwei Lieferungen vor, und zwar von Herrn Hauser an die Bank in Köln und von der Bank an den privaten Abnehmer. Für die Lieferung von Herrn Hauser schuldet die Bank als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer.[1]

5.4 Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen

Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei. Umsatzsteuer fällt nur an, wenn auf die Steuerfreiheit wirksam verzichtet wird. Das Reverse-Charge-Verfahren ist also nur bei Umsätzen anzuwenden, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen und auf die Steuerbefreiung verzichtet wird. Der Verzicht auf die Steuerfreiheit muss im notariellen Vertrag vereinbart werden.

Zu den Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, gehören insbesondere:

  • die Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken und
  • die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten gegen Einmalzahlung oder regelmäßig wiederkehrende Erbbauzinsen.
 
Praxis-Beispiel

Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen – Option

Der Unternehmer Braun in Berlin ist Eigentümer eines Werkstattgebäudes, dessen Errichtung mit einem Darlehen einer Bank finanziert wurde. Da der Unternehmer Braun seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt, betreibt die Bank die Zwangsversteigerung des Grundstückes. Den Zuschlag erhält der Unternehmer Schneider. Unternehmer Braun verzichtet rechtzeitig auf die Steuerbefreiung der Grundstückslieferung

Mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung erbringt Unternehmer Braun an den Unternehmer Schneider eine steuerpflichtige Lieferung. Unternehmer Schneider schuldet als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer.[1]

5.5 Steuerschuldnerschaft bei bestimmten Bauleistungen

Bei bestimmten Bauleistungen ist der Leistungsempfänger immer der Schuldner der Umsatzsteuer.

[1]

5.6 Besteuerung von Gas-, Strom-, Wärme- oder Kältelieferungen

Der Ort einer Lieferung ist entscheidend dafür, ob Umsatzsteuer gezahlt werden muss oder nicht. Z. B. muss keine Umsatzsteuer gezahlt werden, wenn sich der Ort der Lieferung nicht im Inland befindet. Der Ort der Lieferung von Gas, Strom, Wärme und Kälte ist in § 3g UStG geregelt. Bei Gas ist nur die Lieferung über das Erdgasnetz betroffen, nicht jedoch die Lieferung in Behältern, z. B. in Gasflaschen. Seit dem 1.1.2011 ist § 3g UStG um Wärme- oder Kältelieferungen über Wärme- und Kältenetze erweitert worden, sodass auch der Wechsel der Steuerschuldnerschaft seit dem für Wärme- oder Kältelieferungen über Wärme- und Kältenetze gilt.

Konsequenz: Die Lieferung von Gas, Strom, Wärme oder Kält...

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