OFD Cottbus, 15.02.2000, S 7104 - 0021 - St 244

 

1. Allgemeines

Bei der Begründung der Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften kommt es nicht auf den Zeitpunkt der zivilrechtlichen Entstehung an, sondern allein darauf, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Bei der Gründung eines Unternehmens in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) finden sich in der Regel bereits vor der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages zwei oder mehr Personen zusammen. Das Handeln dieser Personen ist regelmäßig darauf gerichtet, die eigentliche Gesellschaft zu gründen. Hierbei ist zwischen Vorgründungsgesellschaft, der Vorgesellschaft (auch Gründungsgesellschaft genannt) und der eigentlichen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden.

 

2. Vorgründungsgesellschaft

 

2.1 Grundsätze

Die Vorgründungsgesellschaft besteht vom Zeitpunkt des Zusammenfindens der Gründer bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages. Die Vorgründungsgesellschaft ist zivilrechtlich eine eigenständige Personengesellschaft (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder Offene Handelsgesellschaft). Sie ist zivilrechtlich und auch umsatzsteuerlich ein eigenständiges Rechtssubjekt und kann somit auch nicht mit der Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft gleichgestellt werden.

 

2.2 Unternehmereigenschaft

Die Unternehmereigenschaft ist losgelöst von der Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft eigenständig zu beurteilen. Hierbei sind folgende Fallgestaltungen denkbar:

 

2.2.1 Die Vorgründungsgesellschaft ist selbst nachhaltig unternehmerisch tätig

Erbringt die Vorgründungsgesellschaft selbst nachhaltig Umsätze (z.B. weil die unternehmerische Tätigkeit bereits in diesem Gründungsstadium aufgenommen wurde oder ein bestehendes Unternehmen eines Gründers übernommen und fortgeführt wurde), ist die Unternehmereigenschaft gem. § 2 Abs. 1 UStG gegeben. Folglich ist die Vorgründungsgesellschaft auch vorsteuerabzugsberechtigt, soweit die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Die spätere Übertragung des Unternehmensvermögens auf die Vorgesellschaft ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 a UStG eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im ganzen.

 

2.2.2 Die Vorgründungsgesellschaft ist selbst nicht nachhaltig unternehmerisch tätig

Führt die Vorgründungsgesellschaft selbst nicht nachhaltig Umsätze aus, sondern überträgt sie lediglich die von anderen Unternehmern empfangenen Leistungen (z.B. Einrichtungsgegenstände, Maschinen oder Planungsunterlagen) auf die Vorgesellschaft, so ist die Unternehmereigenschaft gem. § 2 Abs. 1 UStG nicht grundsätzlich zu verneinen. Die Unternehmereigenschaft ist dann nach Abschnitt 19 Abs. 1 bis 5 UStR zu beurteilen.

Nach Abschnitt 19 Abs. 1 UStR beginnt die Unternehmereigenschaft mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmereigenschaft gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Da der Zweck der Vorgründungsgesellschaft auch in der Vorbereitung des späteren Unternehmens besteht, kommt es für die Begründung der Unternehmereigenschaft auf die Art der Vorbereitungshandlungen an.

Die Unternehmereigenschaft ist z.B. auch bei folgenden Fallgestaltungen gegeben:

  • Eine Personengesellschaft beabsichtigt in dieser Rechtsform nachhaltig entgeltliche Leistungen auszuführen, entschließt sich jedoch noch vor der Ausführung von Umsätzen zu einer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft.
  • Ein Einzelunternehmer, der beabsichtigt als solcher nachhaltig entgeltliche Leistungen auszuführen, entscheidet sich noch vor der Umsetzung dieser Absicht für die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft.

Bei derartigen Fallgestaltungen kann die Vorgründungsgesellschaft den Vorsteuerabzug für die an sie ausgeführten Umsätze vornehmen. Die entgeltliche Übertragung dieser Wirtschaftsgüter an die Vorgesellschaft (z.B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) kann dann als für den Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung angesehen werden. Derartige Hilfsumsätze fallen – anders als in den Fällen der Tz. 2.2.1 – in der Regel nicht unter die Vorschrift des § 1 Abs. 1 a UStG, da die Vorgründungsgesellschaft grundsätzlich keinen „lebenden Betrieb” überträgt. Soweit diese (Hilfs-)Umsätze umsatzsteuerfrei sind (z.B. nach § 4 Nr. 9 a UStG) hätte dies den Ausschluss des Vorsteuerabzugs zur Folge. Entsprechendes gilt, wenn die beabsichtigte Unternehmereigenschaft von vorn herein auf die Erzielung von steuerfreien Umsätzen ohne Vorsteuerabzugsberechtigung (z.B. Umsätze gem. § 4 Nr. 10 UStG) gerichtet ist.

In Fällen, in denen die Vorgründungsgesellschaft nicht selbst die Absicht hat, umsatzsteuerpflichtige Umsätze auszuführen, können die Grundsätze zum erfolglosen Unternehmer nicht angewendet werden; die Vorgründungsgesellschaft ist dann kein Unternehmer und nicht zum Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG berechtigt. Der im n. rk. ...

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