OFD Frankfurt, 06.01.1999, S 7104 A - 47 - St IV 10

 

I. Beginn der Unternehmereigenschaft

Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften ist nicht auf den zivilrechtlichen Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft, sondern allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 UStG abzustellen. Hierbei ist i.d.R. zwischen der sogenannten Vorgründungsgesellschaft, Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden, deren unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung sich wie folgt darstellt:

 

1. Vorgründungsgesellschaft

Die Vorgründungsgesellschaft besteht bis zum Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages. Als Personengesellschaft der Gründer (in Form einer GbR oder OHG) ist sie ein eigenständiges Rechtssubjekt und somit nicht mit der Vorgesellschaft bzw. der eingetragenen Kapitalgesellschaft identisch.

Die Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft ist deshalb unabhängig von der späteren Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft) bzw. Kapitalgesellschaft zu beurteilen. Hierbei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

 

1.1 Die Vorgründungsgesellschaft erbringt selbst nachhaltige Leistungen

Führt die Vorgründungsgesellschaft selbst nachhaltige Leistungen gegen Entgelt aus (z.B. weil die unternehmerische Tätigkeit bereits in diesem Gründungsstadium aufgenommen wird oder weil ein bestehendes Unternehmen eines Gründers von der Vorgründungsgesellschaft übernommen und fortgeführt wird), ist die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft zu bejahen. Dies hat zur Folge, daß sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG hinsichtlich der von ihr bezogenen Leistungen vorsteuerabzugsberechtigt ist.

 

1.2 Die Vorgründungsgesellschaft wird selbst nicht unternehmerisch tätig

Führt die Vorgründungsgesellschaft nachhaltig keine entgeltlichen Leistungen aus, sondern überträgt sie lediglich (ggf. entgeltlich) die von anderen Unternehmern bezogenen Leistungen (z.B. Einrichtungsgegenstände, Marktanalysen o.ä.) auf die Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft), ist die Unternehmereigenschaft nach den Grundsätzen des Schreibens des BMF vom 2.12.1996, IV C 3 - S 7104 - 95/96, BStBl 1996 I S. 1461 zu beurteilen, das sich mit der Problematik des „umsatzlosen Unternehmers” befaßt.

Danach beginnt die Unternehmereigenschaft mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung nachhaltiger entgeltlicher Leistungen ernsthaft beabsichtigt ist und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Da der Zweck der Vorgründungsgesellschaft auch in der Vorbereitung des späteren Unternehmens besteht, ist in diesem Gründungsstadium die Unternehmereigenschaft nicht grundsätzlich zu verneinen. Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft und der Gewährung des Vorsteuerabzugs kommt es bei der Vorgründungsgesellschaft auf die Art der Vorbereitungshandlungen an.

Die Unternehmereigenschaft ist demnach beispielsweise in den folgenden Fällen gegeben:

  • eine Personengesellschaft beabsichtigt in dieser Rechtsform nachhaltig entgeltliche Leistungen auszuführen, entschließt sich jedoch vor der Ausführung von Umsätzen zu einer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft.
  • ein Einzelunternehmer, der beabsichtigt als solcher nachhaltig entgeltliche Leistungen auszuführen, entscheidet sich jedoch noch vor der Umsetzung dieser Absicht für die Rechtsform einer „Ein-Mann-GmbH”.

Sofern die Vorgründungsgesellschaft bei diesen Fallgestaltungen bereits an sie ausgeführte Umsätze auf die Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft) entgeltlich weiterüberträgt, kann dieser (Hilfs-)umsatz als die für den Vorsteuerabzug maßgebende Verwendung angesehen werden. Eine Steuerbefreiung dieser (Hilfs-)umsätze hätte mithin den Ausschluß vom Vorsteuerabzug zur Folge.

 

2. Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft)

Als Vorgesellschaft bezeichnet man die gegründete aber noch nicht eingetragene Kapitalgesellschaft. Die Vorgesellschaft besteht also in dem Zeitraum zwischen Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist diese Vorgesellschaft nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen zu behandeln, wie die nachfolgend eingetragene Kapitalgesellschaft (Übernahme der im Zivilrecht entwickelten Identitätstheorie in das Steuerrecht). Somit kann auch die Unternehmereigenschaft der Vorgesellschaft mit Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages i.d.R. unterstellt werden.

Die an diese Gesellschaft erbrachten Leistungen werden so behandelt, als seien sie an die eingetragene Kapitalgesellschaft bewirkt worden, mit der Folge, daß ihr auch der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen – soweit auch die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind – zusteht.

 

2.1 Besonderheiten/Ausnahmen

2.1.1 Sollte es ausnahmsweise nicht zur Eintragung und somit nicht zur Entstehung der endgültigen Kapitalgesellschaft kommen, so sind ...

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