Bei Anzahlungen entsteht die Umsatzsteuer immer in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Anzahlung zugeflossen ist. Besteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung), entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG grundsätzlich dann, wenn er die Gegenleistung erhält. Bei der – im Regelfall vorliegenden – Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich mit Ausführung der Leistung oder einer entsprechenden Teilleistung. Im Falle einer Anzahlung oder einer Vorauszahlung entsteht Umsatzsteuer bereits bei der Vereinnahmung der Anzahlung.[1]

 
Wichtig

Zufluss auch bei Tausch oder tauschähnlichem Umsatz

Eine Anzahlung oder Vorauszahlung kann nicht nur in einem Geldzufluss bestehen, sondern auch in einer erhaltenen Lieferung oder sonstigen Leistung, wenn es sich um einen Tausch oder einen tauschähnlichen Umsatz handelt.[2]

Die Kundenanzahlungen führen somit umsatzsteuerlich immer zu einem in der Periode des Zuflusses anzusetzenden Umsatz.

In Abhängigkeit von der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung ergeben sich die folgenden Auswirkungen für die Umsatzsteuerverprobung:

  • Bei Bilanzierung (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) werden die Anzahlungen noch nicht erfolgswirksam erfasst, sondern als Verbindlichkeiten gebucht. Es kommt somit zu einer Abweichung zwischen der ertragsteuerlichen und der umsatzsteuerlichen Behandlung.
  • Bei Überschussrechnung (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG) werden die erhaltenen Anzahlungen schon im Zeitraum des Zuflusses erfolgswirksam erfasst (eine Ausnahme bilden auch hier wieder die innerhalb eines kurzen Zeitraums von 10 Tagen um den Jahreswechsel vereinnahmten Beträge, die wirtschaftlich der anderen Periode zuzurechnen sind[3]). Insoweit ergibt sich keine Abweichung zwischen der umsatzsteuerlichen und der ertragsteuerlichen Behandlung.

Eine die Anzahlungsthematik aufnehmende Verprobung der Umsatzsteuer bei bilanzierenden Unternehmen könnte wie folgt aufgebaut werden (innergemeinschaftliche Vorgänge werden aus Vereinfachungsgründen nicht mit angesetzt):

 
Umsatzsteuerverprobung bei bilanzierendem Unternehmer und Anzahlungen
Konto-Nr. Kontobezeichnung Umsatz (Saldo) Steuer­satz Umsatzsteuer
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze   7 %  
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze   19 %  
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze   7 %  
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze   19 %  
 
  • Anfangsbestand Kundenanzahlungen (netto)
  7 %
 
  • Anfangsbestand Kundenanzahlungen (netto)
  19 %
 
  • Endbestand Kundenanzahlungen (netto)
  7 %  
 
  • Endbestand Kundenanzahlungen (netto)
  19 %  
  Summe der entstandenen Umsatzsteuer  
  Summe der gebuchten Umsatzsteuer
  Abstimmungsdifferenz  
 
Praxis-Beispiel

Verprobung bei Anzahlungen

Der Autohändler A möchte seine im Juni 2024 ausgeführten Umsätze verproben. Den Anfangs- und den Endbestand seiner Kundenanzahlungen (netto) entnimmt er der Summen- und Saldenliste, ebenso die Salden der Umsätze für seine entgeltlichen und unentgeltlichen Umsätze. Auf dem Umsatzsteuerkonto sind insgesamt 167.129,65 EUR erfasst worden. A erbringt lediglich Umsätze, die dem Regelsteuersatz unterliegen.

 
Konto-Nr. Kontobezeichnung Umsatz (Saldo) Steuersatz Umsatzsteuer
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze 865.380,00 19 % 164.422,20
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze 650,00 19 % 123,50
  Anfangsbestand Kundenanzahlungen (netto) 365.800,00 19 % –69.502,00
  Endbestand Kundenanzahlungen (netto) 379.400,00 19 % 72.086,00
  Summe der entstandenen Umsatzsteuer 167.129,70
  Summe der gebuchten Umsatzsteuer –167.129,65
  Abstimmungsdifferenz 0,05

Die Umsatzsteuerverprobung war aufgrund der geringen Rundungsdifferenz erfolgreich.

In der Praxis ergeben sich häufig Fehler bei der zutreffenden Erfassung der Anzahlungen sowie auch später, wenn die Schlussrechnung für eine Leistung erstellt wird, für die schon Anzahlungen vereinnahmt worden waren.

Die meisten dieser Fehler lassen sich jedoch nicht durch eine Verprobung der Umsatzsteuer aufdecken, sondern nur durch Prüfung der Einzelbelege. So kann eine in der falschen Periode erfasste Anzahlung durch die Verprobung genauso wenig erkannt werden, wie ein unzutreffender Steuerausweis in Anzahlungs- und Schlussrech­nungen.

 
Praxis-Tipp

Besondere Beachtung der Anzahlungen bei Steuerrechtsänderungen

Bei der Verprobung der Umsatzsteuer ist der Behandlung der Anzahlungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, wenn es sich um eine Periode handelt, in der das Umsatzsteuerrecht geändert wurde. Dies gilt insbesondere, wenn der Steuersatz angehoben oder Veränderungen bei der Steuerbarkeit oder der Steuerpflicht vorgenommen wurden. Aufgrund der Corona-Pandemie wie auch des Kriegs gegen die Ukraine hatten sich in verschiedenen Bereichen temporäre Steuersatzänderungen ergeben, die an die Verprobung bei Anzahlungen besondere Anforderungen gestellt haben. Die bis zum Stichtag der Änderung vereinnahmten Anzahlungen sind in diesem Fall zum Zeitpun...

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