Zusammenfassung

 
Begriff

Für den Unternehmer ist es wichtig zu wissen, wann er seine steuerpflichtigen Umsätze der Umsatzsteuer unterwerfen muss. Das Umsatzsteuerrecht kennt zwei Besteuerungsarten, die Sollversteuerung und die Istversteuerung. Während der Sollversteuerung jeder Unternehmer kraft Gesetzes unterliegt, ist die Istversteuerung nur auf Antrag und unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dieser Antrag wird von Neugründern regelmäßig bereits im Betriebseröffnungsbogen gestellt. Bei der Sollversteuerung wird die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten, bei der Istversteuerung nach vereinnahmten Entgelten durchgeführt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Voraussetzungen für die Istversteuerung ergeben sich aus § 20 UStG. Der Entstehungszeitpunkt bestimmt sich nach § 13 Abs. 1 Nr. 1b UStG. Im Übrigen sind die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 20.1 UStAE zu beachten.

1 Überblick

2 Voraussetzungen für die Istversteuerung

Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet, wenn er eine der drei nachstehenden Voraussetzungen erfüllt:

  • Der Gesamtumsatz[1] hat im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR (bis 31.12.2019: 500.000 EUR)[2] betragen oder
  • der Unternehmer ist von der Verpflichtung Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit, oder
  • der Unternehmer führt Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus.
 
Wichtig

Nur eine Voraussetzung muss erfüllt sein

Nur eine der vorstehenden Voraussetzungen muss erfüllt sein. So kann z. B. ein Freiberufler trotz eines Gesamtumsatzes von 1 Mio. EUR die Istversteuerung wählen. Allerdings gilt dies nicht, wenn der Freiberufler freiwillig Bücher führt.[3] Führt ein Freiberufler freiwillig Bücher[4], kann er die Istversteuerung nur beantragen, wenn sein Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 EUR (ab 1.1.2020: 600.000 EUR) betragen hat. Soweit Freiberuflern ungeachtet der freiwilligen Buchführung und ungeachtet der Umsatzgrenze von 500.000 EUR (ab 1.1.2020: 600.000 EUR) die Istversteuerung genehmigt worden ist, ist sie durch die Finanzverwaltung zu widerrufen. Der Widerruf ist auf nach dem 31.12.2013 ausgeführte Umsätze zu beschränken.

Zu der dritten Alternative gehört nicht eine Kapitalgesellschaft, zu der sich Freiberufler zusammengeschlossen haben. Ihr kann die Istversteuerung nur genehmigt werden, wenn ihr Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat.[5]

[2] Durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (BGBl 209 I S. 2875) wurde die Umsatzgrenze zum 1.1.2020 auf 600.000 EUR erhöht.
[4] Die Finanzverwaltung versteht unter "Bücher führen" die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG; das Führen von Aufzeichnungen für Zwecke der Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist dagegen unschädlich.

3 Antragstellung

Die Istversteuerung erfolgt nicht automatisch. Der Unternehmer muss einen Antrag stellen. Der Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist von Gesetzes wegen zwar weder an eine Form noch eine Frist gebunden. Allerdings ist ein Wechsel der Besteuerungsart nur bis zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig.[1] Von Neugründern wird ein Antrag auf Istversteuerung regelmäßig bereits im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung wegen Aufnahme einer gewerblichen bzw. selbstständigen Tätigkeit gestellt. Das Finanzamt wird dem Antrag unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs entsprechen, wenn eine der Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt ist.

 
Praxis-Beispiel

Antrag nur bis zur formellen Bestandskraft möglich

Ein Unternehmer wird im Rahmen einer Außenprüfung durch das Finanzamt darauf hingewiesen, dass er die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durchgeführt hat, obwohl er keinen Antrag auf Istversteuerung gestellt hat.

In Anbetracht dessen, dass der Antrag nur bis zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahresfestsetzung möglich ist, kann der Antrag für das laufende Voranmeldungsverfahren noch nachträglich gestellt werden, nicht dagegen für bestandskräftige Jahresfestsetzungen. Die Jahresfestsetzungen werden grundsätzlich nach Ablauf eines Monats nach Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung formell bestandskräftig.

Das Finanzamt wird jedoch im Ausnahmefall den Antrag auf Genehmigung der Istversteuerung ablehnen. Zwar kann der Unternehmer grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Genehmigung geltend machen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings kann es unter besonderen Voraussetzungen auch ermessensfehlerfrei sein, einen Antrag abzulehnen.

 
Praxis-Beispiel

Istversteuerung dient der Vereinfachung und nicht zur Einräumung von Steuervorteilen

Der selbstständige ...

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