4.1 Sachverhalt

Der selbstständige Unternehmensberater U aus Ulm berät Malermeister M, der sich gerade mit seinem Malerfachgeschäft selbstständig gemacht hat. Für die umfangreiche Gründungsberatung und Begleitung in den ersten Monaten der unternehmerischen Betätigung des M berechnet U seinem Mandanten nach Abschluss der Beratungsleistung im Februar 2022 10.000 EUR zzgl. 1.900 EUR USt. Da die Auftrags- und Liquiditätslage des M noch nicht so gut ist, trifft er mit U die Vereinbarung, die Büroräume des U kostenlos zu streichen. Die beiden Vertragsparteien gehen zutreffend davon aus, dass die Renovierungsleistungen einen Bruttowert von 11.900 EUR haben.

Entsprechend der Vereinbarung führt M im März 2022 die Renovierungsarbeiten aus.

4.2 Fragestellung

U und M möchten wissen, wann und in welcher Höhe bei Ihnen USt entsteht. U und M besteuern ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Aufgrund der Zahllast des Vorjahrs muss U monatliche Voranmeldungen abgeben; für M ergibt sich aufgrund der Hochrechnung der Zahllast ebenfalls die Verpflichtung zur Abgabe monatlicher Voranmeldungen.

4.3 Lösung

Sowohl M als auch U sind Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, die jeweils im Rahmen ihres Unternehmens tätig werden. Da der jeweiligen Leistung eine Gegenleistung gegenüber steht, handelt es sich auch um einen entgeltlichen Vorgang (Leistungsaustausch). Da zumindest U mit seiner Beratungsleistung eine sonstige Leistung ausführt, handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG.

M führt mit der Renovierung offensichtlich eine Werkleistung aus, soweit er nur Nebensachen oder Zutaten verwendet.[1] Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c UStG; die Leistung ist damit am Grundstücksort ausgeführt – hier in Ulm und damit im Inland. Die Renovierung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG liegt nicht vor.

Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich gem. § 10 Abs. 1 UStG nach dem, was der leistende Unternehmer für die von ihm ausgeführte Leistung erhält oder erhalten soll. Da es sich um einen tauschähnlichen Umsatz handelt, ist der Wert der erhaltenen Leistung (für den M der Wert der erhaltenen Beratungsleistung) nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG heranzuziehen. Nach den Sachverhaltsangaben handelt es sich hier um einen (Brutto-)Wert der erhaltenen Leistung i. H. v. 11.900 EUR – dies entspricht auch dem subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene Leistung.[2] Aus diesem Betrag ist die USt nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage 10.000 EUR und die entstehende USt 1.900 EUR beträgt.

 
Praxis-Tipp

Gegenleistung stellt Bruttowert dar

Die Gegenleistung ist immer ein Bruttowert, aus dem die USt herauszurechnen ist. Kann der Wert der erhaltenen Leistung nicht ermittelt werden, muss er sachgerecht geschätzt werden.[3]

Da M seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuert, entsteht die USt grundsätzlich nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung (Malerarbeiten) ausgeführt worden ist. M hat seine unternehmerische Betätigung wohl erst in 2021 aufgenommen. Bis einschließlich 2020 wäre er deshalb gesetzlich verpflichtet gewesen, monatliche Voranmeldungen abzugeben.[4] Diese Regelung ist allerdings – vorerst bis 2026 – ausgesetzt worden, sodass es auf die hochgerechnete Zahllast ankommt.[5] Nach dem Sachverhalt ist M danach ebenfalls verpflichtet, monatliche Voranmeldungen abzugeben. Damit wäre die USt für März 2022 anzumelden. Allerdings hat M die Gegenleistung – die Beratungsleistung des U – schon im Februar 2022 erhalten, sodass die USt schon im Monat des Erhalts der Gegenleistung anzumelden und abzuführen ist (Vorauszahlung; § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Da die Beratungsleistung schon im Februar 2022 ausgeführt wurde, muss die USt für M im Voranmeldungszeitraum Februar 2022 angemeldet werden.

Unternehmensberater U erbringt gegenüber seinem Mandanten eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG, deren Ort nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG dort ist, wo der Leistungsempfänger – da hier ein Unternehmer der Leistungsempfänger ist – sein Unternehmen betreibt. Dies wird hier auch in Ulm der Fall sein. Die Beratungsleistung des U ist damit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und auch nicht steuerbefreit nach § 4 UStG. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich ebenfalls nach § 10 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 UStG aus dem Wert der erhaltenen Leistung (für den U der Wert der erhaltenen Renovierungsleistung). Aus diesem Betrag von 11.900 EUR ist die USt nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage 10.000 EUR und die entstehende USt 1.900 EUR beträgt.

Da U seine Beratungsleistung im Februar 2022 ausführt hat, entsteht die USt für den Voranmeldungszeitraum Februar 2022.[6] Dass M seine Leistung erst im März 2022 ausführt, ist für die Steuerentstehung bei U ohne Bedeutung.

Soweit die beiden Unternehmer zeitnah ordnungsgemäße Rechnungen austauschen, haben sie jeweils einen Vorsteuerab...

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