Grundlage der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sind die allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen für Außenprüfungen (§§ 193207 AO). Sonderregelungen im Umsatzsteuerrecht gibt es nicht.

Zweck der Sonderprüfung ist es, die sachlich und zeitlich zutreffende Besteuerung sicherzustellen und zu verhindern, dass Steuerbefreiungen, Steuervergünstigungen, Vorsteuerabzug oder Vorsteuervergütung zu Unrecht in Anspruch genommen werden. Da ein Vorsteuerabzug bereits im Voranmeldungsverfahren geltend gemacht wird, kann mit der Überprüfung grds. nicht bis zur Festsetzung der Jahresumsatzsteuer oder der regelmäßigen Betriebsprüfung gewartet werden.[1]

Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung dient dazu, zeitnah gezielt umsatzsteuerspezifische Themengebiete zu prüfen. Das können insbesondere innergemeinschaftliche Lieferungen/Erwerbe sein, Reihengeschäfte, aber auch Fragen des Steuersatzes und der Steuerbefreiungen. Schließlich dürfte ein Fokus auf allen Umständen liegen, die für den Vorsteuerabzug relevant sind.[2]

Oft wird der Prüfungsumfang auch in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht eingeschränkter als bei der üblichen Betriebsprüfung sein. Im Nachgang zu Umsatzsteuer-Sonderprüfungen wird anders als nach Betriebsprüfungen regelmäßig der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO nicht aufgehoben und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Sachverhalte im Rahmen einer Betriebsprüfung später einer neuerlichen Prüfung unterzogen werden, auch wenn dies in der Praxis nicht allzu häufig vorkommt.

Es kann zwischen Erstprüfungen (erstmalige Prüfung des Unternehmens oder eines neuen Geschäftszweigs) und Bedarfsprüfungen (Prüfungsanlass bei bereits laufendem Geschäftsbetrieb) unterschieden werden, wobei die erste u. U. im Interesse des Unternehmers sein kann, da sie ihm erlaubt fehlerhaftes steuerliches Verhalten frühzeitig zu korrigieren.

 
Praxis-Tipp

Vorsteuerüberhänge/hohe Vorsteuerbeträge proaktiv belegen

Aus der Verwaltungsanweisung bzgl. Zweck und Kriterien für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung ergibt sich die erhebliche Bedeutung des Vorsteuerabzugs.

Um Nachfragen der Finanzbehörden oder eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu vermeiden, bietet es sich daher an, bei hohen Vorsteuerbeträgen und insbesondere Vorsteuerüberhängen (die sich ausnahmsweise/erstmalig ergeben) proaktiv auf die Finanzverwaltung zuzugehen und den zugrundeliegenden Sachverhalt darzustellen sowie entsprechend mittels Aufstellungen der Eingangsrechnungen sowie mindestens exemplarischen Rechnungen zu belegen. Dies gilt insbesondere für ausländische Unternehmen, die bei Zentralfinanzämtern geführt werden.

Das nach wie vor einschlägige BMF-Schreiben von 2002[3] zählt einige Kriterien auf, die Anlass für die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sein können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf sachlichen Fragen.

 
Hinweis

Verfahren

Grundlage für die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wird oft ein automatisierter Hinweis oder eine Kontrollmitteilung sein. Dies bringt aus Unternehmersicht eine gewisse Unberechenbarkeit mit sich. Allerdings lässt sich der Verwaltungsvorschrift entnehmen, dass bestehende Zweifel zunächst mit Mitteln des Innendienstes ausgeräumt werden sollen.[4] Insofern ist eine zügige Reaktion auf Nachfragen oder gar ein proaktives Zugehen auf die Behörde bei Sondersachverhalten/-situationen grds. ratsam.

Im Rahmen von Sonderprüfungen werden regelmäßig folgende Themen in den Blick genommen:

  • Vorsteuerabzug,

    • insbesondere bei hohen Beträgen oder gar Überhängen,
    • Differenzen ggü. Verprobungen,
    • bei ausgangsseitig steuerfreien Umsätzen; ggfs. auch Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG,
    • aus Rechnungen von Leistenden, deren Unternehmereigenschaft zweifelhaft ist.
  • Steuerbefreiungen, insbesondere solche mit Vorsteuerabzug, wie

    • innergemeinschaftliche Transaktionen oder
    • Ausfuhrlieferungen.
  • Nicht steuerbare Umsätze mit Vorsteuerabzug,
  • ermäßigt besteuerte Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nrn. 110 UStG,
  • Leistungsort in besonderen Fällen (z. B. E-Commerce),
  • Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger.

Ungeachtet vom konkreten Geschäftsbereich ergeben Anlass zur Prüfung:

  • Neugründung von Unternehmen,
  • Differenzen zu Meldungen aus anderen Systemen, wie z. B.

    • I.g. Lieferungen aus dem Ausland zu deklarierten i.g. Erwerben oder
    • beim Zoll angemeldete Einfuhrumsatzsteuer zur in Abzug gebrachten,
  • Insolvenzfälle.
 
Wichtig

Neugründung

Bei Neugründungen ist eine Sonderprüfung oder ggf. Nachschau[5] wahrscheinlich. Das gilt insbesondere, wenn nach Vorbereitungshandlungen (zunächst) keine Umsätze ausgeführt werden oder im Zusammenhang mit der Neugründung erhebliche Vorsteuerüberhänge auftreten. Auch Verträge des Unternehmers mit nahestehenden Personen, Gesellschaftern, Anteilseignern usw. kommen in Frage sowie die Anschaffung und Vermietung von Freizeitgegenständen.[6]

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