Sowohl der EuGH als auch der BFH haben in diversen Verfahren das Umsatzsteuerrecht fortentwickelt. Insbesondere sind hier die folgenden Entscheidungen zu nennen:

  • Zur Organschaft sind verschiedene Entscheidungen ergangen.

    • Zur Frage der Eingliederung einer Personengesellschaft in einen einheitlichen Organkreis hat der BFH[1] jetzt entsprechend den Vorgaben des EuGH[2] entschieden. Der BFH hat entschieden, dass eine Personenhandelsgesellschaft mit einer "kapitalistischen Struktur" Organgesellschaft sein kann, wenn neben dem Organträger Gesellschafter der Gesellschaft auch Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers nicht finanziell eingegliedert sind. Insoweit können keine anderen Grundsätze gelten als bei der Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in einen Organkreis. Allerdings ist noch ein weiteres Revisionsverfahren zu dieser Rechtsfrage beim BFH[3] anhängig. Die Finanzverwaltung hat sich noch nicht geäußert.
    • Nachdem der EuGH[4] entschieden hatte, dass für die finanzielle Eingliederung vom Grundsatz her nur auf die Anteilsmehrheit und nicht zusätzlich auf die Stimmenmehrheit des Organträgers bei der potenziellen Organgesellschaft abzustellen ist, hat der BFH[5] in seinem Folgeurteil hier aber nur einen "Sonderfall" gesehen. Grundsätzlich soll es bei dem Eingliederungskriterium der Stimmenmehrheit bleiben. Wenn aber in besonderen Fällen keine Stimmenmehrheit vorliegt, kann – wie im vorliegenden Fall – die erforderliche Willensdurchsetzung dadurch gesichert sein, dass Anteilsmehrheit besteht und der Organträger den alleinigen Geschäftsführer stellt. Damit kann eine nicht vollständig ausgeprägte finanzielle Eingliederung durch andere Kriterien kompensiert werden.

       
      Hinweis

      Nicht steuerbare Innenumsätze wohl nicht mehr möglich

      Zu der wichtigen nationalen Frage, ob innerhalb eines einheitlichen Organkreises Leistungen als nicht steuerbare Innenumsätze unionsrechtlich vorliegen können, ist ein neues Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH[6] anhängig; vgl. dazu Tz. 4.

  • Zur Abgrenzung von echtem Gesellschafterbeitrag und Leistungsaustausch bei einer Holdingstruktur haben EuGH[7] und nachfolgend der BFH[8] eine wichtige – missbrauchsverhindernde – Entscheidung getroffen. In dem entschiedenen Fall bezog die Klägerin (Holdingmutter) Leistungen mit Umsatzsteuer. Die Leistungen wurden tlw. als echter Gesellschafterbeitrag gegen Gewinn nicht steuerbar in die Holdinggesellschaften eingebracht, tlw. gegen Sonderentgelt steuerbar und steuerpflichtig gegenüber den Holdinggesellschaften ausgeführt. Die Holdinggesellschaften führten selbst steuerfreie Leistungen aus, die den Vorsteuerabzug ausschlossen. Obwohl die Holdingmutter mit den von ihr bezogenen Leistungen im hohen Umfang nicht steuerbare echte Gesellschafterbeiträge an ihre Holdinggesellschaften ausführte, begehrte sie den vollständigen Vorsteuerabzug. Der EuGH und nachfolgend der BFH haben den Vorsteuerabzug insoweit versagt, als die Eingangsleistungen in die echten Gesellschafterbeiträge eingegangen sind. Die Vorsteuer steht in diesem Fall in keinem Zusammenhang mit eigenen Umsätzen und ist auch kein Kostenelement der eigenen Umsätze.
  • Der EuGH musste sich mit der Frage der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Kurortgemeinde auseinandersetzen, die Kureinrichtungen bereitstellte, die sowohl von "zahlenden Kurgästen" als auch von nicht kurtaxepflichtigen Personen genutzt werden konnten. Der EuGH[9] hat entschieden, dass kein steuerbarer Leistungsaustausch vorhanden ist, da kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen einer Leistung und einer Zahlung vorliegt. Aufgrund der Entscheidung des EuGH dürfte in gleichartigen Fällen ein Vorsteuerabzug aus der Einrichtung und Unterhaltung von Kureinrichtungen auch nicht mehr anteilig möglich sein. Andererseits muss dann in diesen Fällen auch in Ermangelung eines Leistungsaustauschs die Besteuerung der Kurtaxe entfallen. Anders kann es aber sein, wenn die Zahlung der Kurtaxe die notwendige Voraussetzung für die Nutzung bestimmter Einrichtungen ist. In diesen Fällen kann ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Leistungsempfängers und der von der Kurgemeinde ausgeführten Leistung hergestellt werden, sodass dann die einschränkenden Ergebnisse aus der Rechtsprechung des EuGH nicht zur Anwendung kommen dürften.
  • Der EuGH[10] hat sich zur Frage der Abgabe von Werbegeschenken (Handys bzw. Tablets) im Zusammenhang mit dem Abschluss von Abonnementverträgen geäußert. Der EuGH sah – unter Bedingungen – eine unselbstständige Nebenleistung zum Abschluss des (Zeitschriften-)Abonnements, sodass es nicht zur Besteuerung einer eigenständigen unentgeltlichen Wertabgabe[11] bzw. zur Versagung des Vorsteuerabzugs aus dem Bezug der Werbegeschenke kommt. Die Abo-Prämie darf für den Kunden keinen eigenständigen Zweck entfalten. Da das Gerät aber auch dazu diente, die elektronische Fassung der Zeitschrift zu lesen, war die Voraussetzung erfüllt. Die Abo-Prämie darf darüber hinaus im Verhältnis zur Hauptleistung nur einen geringen Wert haben (hi...

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