BMF, 17.5.2022, IV C 7 - S 2230/21/10001 :007

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 17. Mai 2018 (VI R 66/15 und VI R 73/15, BStBl II 2022 S. xxx und S. xxx) entschieden:

  1. Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen aufgegeben.
  2. Das Verpächterwahlrecht setzt auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter mitverpachtet werden. Daran fehlt es, wenn eine Mitunternehmerschaft nach Aufgabe ihres land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grundstücke) den Mitunternehmern jeweils zu Alleineigentum überträgt.
  3. Die Grundsätze der Realteilung sind in einem solchen Fall nur anwendbar, wenn die bisherigen Mitunternehmer die ihnen zugeteilten Grundstücke einem eigenen Betriebsvermögen widmen.
  4. Die bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen führt als solche grundsätzlich nicht zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen des Verpächters.

Der Gesetzgeber hat auf diese Entscheidungen des BFH mit der Einführung des § 14 Absatz 2 und 3 EStG (i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21. Dezember 2020, BGBl 2020 I S. 3098) reagiert.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt bei Übertragung und Überführung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen aus einer Mitunternehmerschaft und zur Anwendung des Verpächterwahlrechts bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Folgendes:

 

I. Anwendungsbereich

1

Für die Anwendung dieses Schreibens sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Übertragung oder Überführung der Grundstücke hat vor dem 17. Dezember 2020 stattgefunden und es wurde kein Antrag nach § 52 Absatz 22c Satz 2 EStG gestellt (Fallgruppe 1)
  • Übertragung oder Überführung der Grundstücke hat nach dem 16. Dezember 2020 stattgefunden oder es wurde ein Antrag nach § 52 Absatz 22c Satz 2 EStG gestellt (Fallgruppe 2)
 

II. Fallgruppen

 

1) Fallgruppe 1

2

a) Vorliegen einer Realteilung

Eine Realteilung ist nur bei einer vorher bestehenden Mitunternehmerschaft möglich (z. B. Erbengemeinschaft). Eine Mitunternehmerschaft in Gestalt einer Erbengemeinschaft liegt nicht vor, soweit die Landes-Höfegesetze zur Anwendung kommen (vgl. Rn. 75 ff. des BMF-Schreibens vom 14. März 2006, BStBl 2006 I S. 253) oder beispielsweise durch ein Testament ein Alleinerbe bestimmt wurde. Es darf sich nicht um die Abfindung weichender Erben i. S. d. § 14a Absatz 4 EStG (BFH-Urteil vom 9. Mai 1996, IV R 77/95, BStBl 1996 II S. 476) oder um eine Flächenübertragung im Rahmen einer Vermächtniserfüllung gehandelt haben. Die Regelungen zur Erbauseinandersetzung in Rn. 56 ff. des BMF-Schreibens vom 14. März 2006, a. a. O.sind zu beachten.

3

b) Nachweispflicht

Dem Steuerpflichtigen obliegt die Feststellungslast dafür, dass ursprünglich zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörende verpachtete Flächen zu einem späteren Zeitpunkt ins Privatvermögen gelangt sind (BFH-Urteil vom 17. Mai 2018, VI R 73/15, a. a. O.). Eine Realteilung nach § 16 Absatz 3 Satz 2 bis 4 EStG setzt eine ausdrückliche Willenserklärung voraus, z. B. durch Erbauseinandersetzungs- oder Realteilungsvertrag. Ohne eine solche Erklärung kann nicht allein aus späteren Eigentumsverhältnissen abgeleitet werden, dass tatsächlich eine Realteilung stattgefunden hat.

4

Eine Verpachtung im Zeitpunkt der Realteilung ist zweifelsfrei nach Art und Umfang möglichst durch Vorlage der vollständigen Pachtverträge nachzuweisen. Eine erst nach geraumer Zeit abgegebene Erklärung oder Versicherung an Eides statt des Steuerpflichtigen oder Dritter ist in der Regel mangels Nachprüfbarkeit kein geeigneter Nachweis.

c) Übertragung von Gesamthandsvermögen

 

(1) Betrieb

5

Wird eine funktionsfähige betriebliche Einheit (Betrieb) übertragen, kann das Verpächterwahlrecht vom Rechtsnachfolger fortgeführt oder erstmalig ausgeübt werden.

6

Beispiel 1:

Bei Auflösung der Mitunternehmerschaft A-B erhält A aus dem Gesamthandsvermögen neben der Hofstelle auch 50 ha verpachtetes Ackerland, während B die Mietwohngrundstücke übernimmt. Die Mitunternehmerschaft hat keine Betriebsaufgabe erklärt. Beide verfügen daneben über kein anderweitiges Betriebsvermögen.

A erhält die funktionsfähige betriebliche Einheit Landwirtschaft. Ihm steht das Verpächterwahlrecht zu. B steht das Verpächterwahlrecht nicht zu, weil die erhaltenen Mietwohngrundstücke keinen Betrieb bzw. Teilbetrieb darstellen und er daneben keinen eigenen Betrieb hat. Die Mietwohngrundstücke werden daher ins Privatvermögen übertragen und stellen Entnahmen der Mitunternehmerschaft A-B dar.

7

Beispiel 2:

Bei Auflösung der Mitunternehmerschaft C-D erhält C aus dem Gesamthandsvermögen 5 ha verpachtetes Ackerland, während D 95 ha verpachtetes Ackerland übernimmt. Die Mitunternehmerschaft hat keine Betriebsaufgabe erklärt. Beide verfügen daneben über kein anderweitiges Betriebsvermögen.

D übernimmt die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter ...

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