Rz. 60

Bei Analyse der bilanziellen Behandlung von Treuhandgeschäften innerhalb der nationalen Rechnungslegung hat sich insbesondere die Frage nach der subjektiven Zurechenbarkeit, respektive dem wirtschaftlichen Eigentum am Treuhandvermögen, als maßgebend erwiesen. Diese Thematik lässt sich auf internationaler Ebene im Wesentlichen dem Rahmenkonzept der IFRS entnehmen.[1] Mit der Zielsetzung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens‐, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln (F. 12), sind dabei Informationen so darzulegen, dass u. a. die Forderung nach Verlässlichkeit als qualitative Anforderung an einen IFRS-Abschluss erfüllt wird (F. 24 und IAS 1.15 (b)). In diesem Kontext postuliert der Grundsatz substance over form (F. 35), dass die Geschäftsvorfälle "gemäß ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt und nicht allein gemäß der rechtlichen Gestaltung bilanziert und dargestellt werden. Der wirtschaftliche Gehalt von Geschäftsvorfällen oder anderen Ereignissen stimmt nicht immer mit dem überein, was scheinbar aus ihrer rechtlichen Gestaltung oder Sachverhaltsgestaltung hervorgeht." Ein konkreter Transfer dieses Grundsatzes auf die bilanzielle Behandlung von Treuhandgeschäften findet jedoch nicht statt.[2] Stattdessen ist der Verweis von IAS 1.15 (a) auf IAS 8 zu berücksichtigen, der dem Bilanzierenden bei Fehlen von spezifischen Standards oder Interpretationen entsprechende Unterstützung liefern soll.

 

Rz. 61

Nach IAS 8.10 (b) (ii) hat die Geschäftsleitung darüber zu befinden, welche Rechnungslegungsmethode zu entwickeln und anzuwenden ist, um u. a. den wirtschaftlichen Gehalt eines Geschäftsvorfalls und nicht nur dessen rechtliche Form wiederzugeben. Dabei sind die Grundsätze von IAS 8.11 f. (Prioritätenliste) zu beachten, die festlegen, dass zuerst – soweit möglich – Standards und Interpretationen hinsichtlich verwandter bzw. ähnlicher Fragestellungen herangezogen werden sollen, bevor in einem zweiten Schritt auf Definitionen des Rahmenkonzepts zurückgegriffen wird. Sofern daraus keine Lösung resultiert, kann sich jüngster Verlautbarungen anderer Standardsetter mit ähnlichem Rahmenkonzept bedient werden oder sonstiger Rechnungslegungsverlautbarungen und akzeptierter Branchenpraktiken.

 

Rz. 62

Die dargelegten Grundsätze leisten jedoch nur einen geringen Beitrag zur Lösungsfindung, da sie inhaltlich selbst unscharf formuliert sind. Die Bilanzierung von Treuhandgeschäften kann nur schwer aus anderen Standards oder Interpretationen abgeleitet werden und auch der Verweis auf die sehr allgemeinen Definitionen des Rahmenkonzepts stellt sich als wenig hilfreich heraus.[3] Die Bezugnahme auf andere Standardsetter lässt sich durch den möglichen Einbezug im Rahmen der Urteilsfindung als "weiches" Zusatzkriterium auffassen, jedoch läuft bereits die Zuhilfenahme der US-GAAP aufgrund der dort ebenfalls nicht geregelten bilanziellen Behandlung von Treuhandgeschäften ins Leere. Eine Bezugnahme auf die Bilanzierung nach HGB wäre hingegen als hilfreich zu erachten, da der in § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB geregelte "wirtschaftliche Eigentümer" in Analogie zu den IFRS demjenigen entspricht, dem die wesentlichen Chancen und Risiken zuzurechnen sind, sodass dem geforderten true and fair view am besten entsprochen wird.[4]

 

Rz. 63

Ein Ziel der Contractual Trust Arrangements stellt neben der Insolvenzsicherung die Bilanzverkürzung dar.[5] Eine entsprechende Saldierung der Pensionsrückstellung mit den separierten Vermögenswerten ist jedoch gem. IAS 19 nur vorzunehmen, wenn beide Bestandteile bestimmte Voraussetzungen erfüllen.[6] So definiert bspw. IAS 19.7, dass ein saldierungsfähiges und damit saldierungspflichtiges (IAS 19.54) plan asset nur dann vorliegt, falls der Vermögenswert von einer eigenständigen Einheit gehalten wird, ausschließlich für Zahlungen zur Verfügung steht, die dem Arbeitnehmer zugutekommen, und dem Zugriff anderweitiger Gläubiger auch im Falle der Insolvenz entzogen ist.[7] Ergibt sich in diesem Fall durch die Saldierung ein negativer Unterschiedsbetrag, stellt dieser einen Vermögenswert dar und ist nach den Vorschriften des IAS 19.58 zu bewerten sowie zwingend zu aktivieren (IAS 19.59).

 

Rz. 64

Der Einbezug von Zweckgesellschaften in einen IFRS-Konzernabschluss wird durch IAS 27.13 sowie SIC-12 bestimmt. Auf beide Vorschriften nimmt auch die Gesetzesbegründung zum BilMoG Bezug, nach dessen Ergehen Zweckgesellschaften aufgrund von § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB explizit in den Konsolidierungskreis des Mutterunternehmens einbezogen werden.[8]

 

Rz. 65

Für Kreditinstitute und ähnliche Institute fand sich in IAS 30.55 a. F. die explizite Regelung, nach der die betreffenden Vermögenswerte des Treuhandverhältnisses nicht dem als Treuhänder fungierenden Kreditinstitut zuzurechnen waren, solange dessen treuhänderische Tätigkeit auf einer rechtlichen Grundlage beruhte. Entsprechend durften die Vermögenswerte nicht in die Bilanz eingehen.[9] Verfolgte das Kreditinstitut jedoch eine Vielzahl von Treuhandgeschäften...

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