Zusammenfassung

Die Betrachtung der Kosten über den gesamten Lebenszyklus der Waren hat in den letzten Jahren aufgrund steigender Einkaufsvolumina an Bedeutung gewonnen. Im Rahmen des strategischen Kostenmanagements im Einkauf werden auch Total Cost of Ownership (TCO), Cost of Ownership und Life Cycle Costing (LCC) zunehmend wichtiger.

Flexibilität und schnelle Anpassungsfähigkeit sind für den praktischen Einsatz von TCO und LCC wichtige Kriterien und werden in diesem Artikel diskutiert.

Der Beitrag umfasst den Vergleich der Stärken und Schwächen vorhandener TCO- und LCC-Modelle sowie einen modularen Ansatz zur Berechnung der TCO und LCC auf Basis einer empirischen Untersuchung. Abschließend wird der modulare Ansatz anhand eines Beispiels (Pkw mit Elektromotor vs. Pkw mit Verbrennungsmotor) angewendet.

1 Wirtschaftlichkeit hängt nicht nur von Anschaffungskosten ab

Vollständige Erfassung direkter sowie indirekter Kosten

Der Einkauf macht häufig 60 bis 70 % der Gesamtausgaben im produzierenden Gewerbe aus: 86 % im Großhandel, 78 % im Einzelhandel und 86 % bei den Versorgungsunternehmen. Er beeinflusst somit die Wettbewerbsposition und Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette der meisten Unternehmen nachhaltig.[1]

Die steigende Bedeutung von indirekten Kosten hat die Gesamtkostenbetrachtung bei Einkaufsentscheidungen für Investitionsgüter gegenüber der ausschließlichen Betrachtung der Anschaffungskosten in den Vordergrund treten lassen. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die Verfügbarkeit von detaillierten Kosteninformationen, die durch die Anwendung verbesserter Controlling- und IT-Systeme ermöglicht werden. In den letzten Jahren wurde der Trend zur Gesamtkostenbetrachtung insbesondere durch erheblich steigende Energiekosten verstärkt. Die Energieeffizienz von Anlagen und Endprodukten wurde deshalb zu einem maßgeblichen Entscheidungskriterium.

Viele Unternehmen und Industrieverbände haben aufgrund dieser Entwicklungen begonnen, sich mit lebenszyklusbasierten Modellen im Rahmen ihres strategieorientierten Kostenmanagements zu befassen. Dabei stehen die Modelle des Total Cost of Ownership (TCO) und des Life Cycle Costing (LCC) im Vordergrund. Ziel dieser Modelle ist es, eine vollständige und präzise Erfassung aller mit einer Investition verbundenen und der durch sie determinierten (Folge-)Kosten zu ermöglichen und damit als fundierte Entscheidungshilfe für den Einkauf zu dienen. TCO und LCC unterscheiden sich voneinander, was auch ihre Anwendungsbereiche determiniert:

  • TCO-Modelle berücksichtigen im Gegensatz zu LCC-Modellen die Transaktionskosten wie Kosten der Lieferantenqualifizierung oder Ausarbeitung der Verträge im Einkauf. Sie werden zum Lieferantenvergleich bei Dienstleistungen, Komponenten, Baugruppen und Commodities eingesetzt, da dort die Transaktionskosten eine im Vergleich zu Investitionsprojekten größere Bedeutung an den Gesamtkosten haben.
  • Im Rahmen von Investitionsprojekten werden meist LCC-Modelle verwendet. Deren Fokus liegt in der Anschaffung (ohne Transaktionskosten), Betrieb und Entsorgung von Investitionsgütern.[2]

Die zunehmende Verbreitung lebenszyklusbasierter Modelle in der Praxis[3] geht nur eingeschränkt mit einer fundierten wissenschaftlichen Betrachtung einher. In der Literatur lassen sich im Wesentlichen zwei Strömungen unterscheiden:

  • Einerseits werden konkrete Berechnungsmodelle aufgezeigt, die entweder anhand von Fallstudien ermittelt wurden oder als eine Art Branchenmodell durch Verbände zur Verfügung gestellt werden.
  • Andererseits werden Leitfäden beschrieben, die aufzeigen, wie TCO und LCC Schritt für Schritt ermittelt werden bzw. wie ein fall-/unternehmensspezifisches Modell erstellt werden kann.[4]

Es fehlen jedoch in vielen Bereichen Standardmodelle bzw. standardisierte Strukturen zur Berechnung der dabei zu berücksichtigenden Kostenkategorien und Kostentreiber.[5] Daher wird in diesem Beitrag, aufbauend auf eine Betrachtung vorhandener Modelle in Kapitel 2, ein Standardmodell zur Berechnung der TCO und LCC abgeleitet (Kapitel 3) und anhand eines Beispiels vorgestellt (Kapitel 4). Damit soll an der Anwendung interessierten Unternehmen eine Hilfestellung gegeben werden, die sie an ihre situativen Anforderungen anpassen können.

[1] Vgl. Degreave (2004); Labro (2001).
[2] Vgl. Geißdörfer (2009).
[3] Vgl. Ferrin/Plank (2002); Kajüter (2005).
[4] Vgl. Geissdörfer et al. (2009a).
[5] Vgl. Suttell (2005) ; Heilala et al. (2006); Ellram (1994).

2 Vergleich vorhandener TCO- und LCC-Modelle

2.1 Standardisierung und Benutzerfreundlichkeit als Erfolgskriterien

Ob TCO-/LCC-Modelle in der Praxis in Zukunft verstärkt eingesetzt werden, hängt von der Möglichkeit ihrer Standardisierung und Benutzerfreundlichkeit ab.[1] Diese Forderung lässt sich unterschiedlich begründen.

  • Es wird angenommen, dass die Verwendung des gleichen Modells zur Berechnung von TCO/LCC im Einkauf (innerhalb des Unternehmens) und Vertrieb (Verkäufer außerhalb des Unternehmens) zur Zeitersparnis und besseren Vergleichbarkeit der Werte bei Kunde und Lieferant beiträgt.[2]
  • Zudem ermöglicht die Verwendung des gleichen standardisierten Modells bei Kunde und Lieferant die Optimierung von Produktangeboten durch ...

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