Entscheidungsstichwort (Thema)

Überhöht ausgewiesener Betrag einer Einlagenrückgewähr. Auslegung eines als „Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer” überschriebenen Bescheids unter Berücksichtigung der Einspruchsentscheidung als Haftungsbescheid. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 34/20)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Meldet eine Kapitalgesellschaft die auf einen in der Bescheinigung gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer nicht an, so haftet sie dafür nach § 27 Abs. 5 KStG. Das Finanzamt ist in einem solchen Fall zum Erlass eines Haftungsbescheides berechtigt und verpflichtet. Insbesondere setzt die Haftung nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG (abweichend von § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG) kein Verschulden der Kapitalgesellschaft voraus.

2. Bei der Auslegung eines Bescheids ist auch die Einspruchsentscheidung zu berücksichtigen.

3. Im Streitfall hat das Finanzamt den auslegungsfähigen, mit „Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer” überschriebenen Bescheid durch die Einspruchsentscheidung eindeutig dahingehend inhaltlich konkretisiert, dass es sich um einen Haftungsbescheid handelt. Dies war von der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände auch so zu verstehen.

 

Normenkette

KStG i.d.F. des SEStEG § 27 Abs. 5 S. 4; KStG i.d.F. des SEStEG § 27 Abs. 3; EStG § 44 Abs. 1, 5 S. 1; BGB §§ 133, 157

 

Tatbestand

I.

Strittig ist die Haftung für Kapitalertragsteuer wegen der Bescheinigung und Auszahlung einer Kapitalrücklage durch die Klägerin an ihre Gesellschafter.

In der Abschlussbilanz zum 31.12.2005 wies die Klägerin folgende Positionen des Eigenkapitals aus:

I. Gezeichnetes Kapital:

25.000,00 EUR

II. Kapitalrücklage:

420.627,40 EUR

III. Gewinnvortrag:

329.000,49 EUR

IV. Jahresfehlbetrag:

4.802,55 EUR

Die Gesellschafter der Klägerin beschlossen in der Versammlung vom 7. März 2006, die zum 31.12.2005 vorhandene Kapitalrücklage in Höhe von 420.627,40 EUR auszuschütten. Dieser Beschluss wurde dadurch umgesetzt, dass die auf die Gesellschafter entfallenden Kapitalrücklagen in Gesellschafterdarlehen umgewandelt wurden. Auf den Beschluss wird Bezug genommen (vgl. Bl. 10 der Feststellungsakte 2006).

Mit Schreiben vom 15.01.2008 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die fehlende Kapitalertragssteueranmeldung vorzulegen und führte hierzu aus:

„… Nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital i. S. des § 28 Abs. 2 S. 2 KStG das steuerliche Ertragskonto unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Einlagenrückgewähr).

Nach Ihren Angaben wurde die Kapitalrücklage i.H.v. 420.627 EUR vollständig ausbezahlt. Diesbezüglich bitte ich auch um Vorlage des Gesellschafterbeschlusses vom 07.03.2006.

Nach Abzug der Kapitalrücklage sowie des Nennkapitals i.H.v. 25.000 EUR vom Eigenkapital lt. Steuerbilanz zum 31.12.2005 von 750.154 EUR verbleibt ein (fiktiver) ausschüttbarer Gewinn i.H.v. 304.527 EUR. Auf diesen überhöht ausgewiesenen Betrag der ELK-Rückgewähr ist entsprechend der Vorschrift des § 27 Abs. 5 S. 3 KStG Kapitalertragssteuer grds. durch Haftungsbescheid geltend zu machen …”

Mit geändertem Bescheid vom 25.02.2008 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 KStG zum 31.12.2006 stellte das Finanzamt A das steuerliche Einlagenkonto und den ausschüttbaren Gewinn in Höhe von 304.527,00 EUR fest.

Am 25.02.2008 erging folgender Bescheid an die Klägerin:

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 02.10.2009 zurück. Zur Begründung führte es u. a. aus:

„… Nach § 27 Abs. 1 S. 5 KStG a.F. war durch die Steuerbescheinigung der Körperschaft die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ausdrücklich festgeschrieben. Allerdings hat bei fehlerhaften Steuerbescheinigungen auch bereits die Möglichkeit bestanden, die Gesellschaft für die dadurch verkürzte Steuer oder zu Unrecht gewährte Steuervorteile in Haftung zu nehmen (§ 27 Abs. 5 KStG a.F. i.V.m. § 44 Abs. 5 EStG).

Durch das SEStEG wurden sowohl die Festschreibung der Verwendung als auch auf die Haftungsinanspruchnahme modifiziert (§ 27 Abs. 5 KStG n.F.). Das Gesetz ist am 12.12.2006 im Bundesgesetzblatt (BGBl) verkündet worden und damit am 13.12.2006 in Kraft getreten. Gem. § 34 Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes vom 07.12.2006, BGBl I 2782 – SEStEG ist die Vorschrift für die Haftungsinanspruchnahme in der neuen Fassung bereits für den Veranlagungszeitraum 2006 anzuwenden.

Das FA hat u.a. die Kapitalertragsteuer entsprechend den gesetzlichen Vorgaben unter Zugrundelegung der Übernahme der Kapitalertragsteuer ermittelt. Eine Berichtigung der Steuerbescheinigung ist nicht erfolgt. Gegen die betragsmäßige Ermittlung der Haftungsinanspruchnahme liegen keine Einwände vor.

Der Vortrag der Ef, die Haftungsinanspruchnahme...

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