rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der schriftlichen und mündlichen Steuerberaterprüfung. Beeinträchtigung der Vorbereitung des Vortrags für die mündliche Steuerberaterprüfung durch Lärm. Über 90 Minuten dauernde mündliche Prüfung eines Bewerbers. Gerichtliche Überprüfbarkeit des Bewertungsspielraums einer Prüfungsbehörde. Steuerberaterprüfung 1996

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem auch im Prüfungsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben handelt ein Prüfling widersprüchlich, wenn er sich der Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Prüfungsverfahrens dadurch entzieht, dass er Einwendungen gegen den Ablauf zur Vorbereitung des Vortrags für die mündliche Steuerberaterprüfung – hier: Beeinträchtigungen durch Lärm – nicht unverzüglich, spätestens bis zum Ende der mündlichen Prüfung gegenüber dem Aufsichtsführenden oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses rügt.

2. Offenbleiben konnte, ob das Überschreiten der auf einen einzelnen Bewerber entfallenden mündlichen Prüfungszeit von 90 Minuten einen solch schwerwiegenden Verstoß gegen das Prüfungsverfahren darstellt, dass dadurch die Prüfung fehlerhaft wird, denn mit der vermehrten Befragung eines Prüflings erhöhen sich dessen Chancen auf die Darstellung seines Fachwissens.

3. Ausführungen zur gerichtlichen Überprüfbarkeit einer Prüfungsentscheidung hinsichtlich des Überschreitens der Grenzen des prüfungsspezifischen Bewertungspielraums der Prüfungsbehörde.

 

Normenkette

StBerG § 37; DVStB § 26 Abs. 3, 7-8; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; BGB § 242

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Nach einem erfolglosem Versuch 1994 nahm die Klägerin 1996 erneut an der Steuerberaterprüfung teil. In den schriftlichen Arbeiten erzielte sie folgende Bewertungen:

1. Verfahrensrecht u. a. Steuerrechtsgebiete:

Note 4,5

2. Ertragsteuern:

Note 4

3. Buchführung und Bilanzwesen:

Note 5

Das ergab einen Notendurchschnitt von

Note 4,5.

Dementsprechend wurde die Klägerin zur mündlichen Prüfung zugelassen. In der mündlichen Prüfung erzielte die Klägerin einen Notendurchschnitt von 4.07. Dies ergab den Notendurchschnitt aus der schriftlichen und mündlichen Prüfung von 4,28. Im Hinblick darauf eröffnete der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Klägerin am Schluss der mündlichen Prüfung, dass sie die Prüfung nicht bestanden habe.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den negativen Prüfungsbescheid. Sie wendet sich sowohl gegen das Ergebnis der schriftlichen wie auch der mündlichen Prüfung.

Sie trägt im Wesentlichen vor:

1.) Die Beurteilung der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” mit der Note mangelhaft sei unzutreffend. Sie sei als ausgebildete Bilanzbuchhalterin der festen Überzeugung, dass diese Klausur mindestens mit ausreichend, vermutlich auch sogar mit befriedigend zu bewerten sei.

2.) Die Prüfungsaufgabe aus dem Verfahrensrecht und anderen Steuerrechtsgebieten sei um mindestens 5,5 Punkte zu niedrig bewertet worden. Ausgehend von der zutreffenden Bewertung des Zweitkorrektors habe sie mindestens 50 Punkte und damit die Note 4,0 erhalten müssen. Im Einzelnen seien folgende Punkte nicht vergeben worden:

a) Der Zweitkorrektor habe sich bei der Ermittlung der von ihm vergebenen Punkte verzählt. Aus dem Bewertungsbogen (Bl. 29) ergebe sich für den Zweitkorrektor eine Gesamtpunktzahl von 4,5 und nicht, wie fälschlicherweise vermerkt, 3,5 Punkte. Dieses unrichtige Ergebnis sei bis zur Endpunktzahl fortgeschrieben worden. Die von dem Zweitkorrektor vergebenen Punkte seien zutreffend. Durch den Zählfehler erhöhe sich das Endergebnis um 1 Punkt.

b) Zum Sachverhalt 3, Aufgabe 1, heiße es im Bewertungsbogen „Streng wird zunächst prüfen ob die Präklusionswirkung eingetreten ist (§ 364b Abs. 2 AO)”. Die Klägerin habe den hierfür vorgesehenen Punkt zu Unrecht nicht bekommen, weil die in den Lösungshinweisen enthaltene Aussage sachlich falsch sei. In jedem Fall müsse zunächst – auch im Zusammenhang mit Präklusionsfragen – geprüft werden, ob der eingelegte Rechtsbehelf zulässig sei. Ein unzulässiger Einspruch sei zu verwerfen, ohne dass es auf seine Begründetheit ankomme. Die Klage des Steuerpflichtigen Vogel wäre bei Unzulässigkeit des Einspruchs allein schon aus diesem Grunde unbegründet. § 364b AO müsste nicht untersucht werden, weil es hierauf nicht ankomme. Lösungshinweise und Punktetabelle seien folglich fehlerhaft. Die Klägerin habe dies – im Gegensatz zu den amtlichen Lösungshinweisen – richtig gesehen. Sie habe zunächst völlig korrekt die Zulässigkeit des Einspruchs geprüft. Sie habe dann allerdings den Fehler gemacht und aus der vermeintlichen Sicht, den Einspruch zu begründen, zu Unrecht die Unzulässigkeit des Einspruchs abgeleitet. Da die Leistungen der Klägerin aber im Ansatz „besser” seien als die amtlichen Lösungshinweise, sei dies mit mindestens ½ Punkt zu bewerten.

c) Bei Sachverhalt 3, Aufgabe 2, habe die Klägerin § 173 AO geprüft. Damit habe die Klägerin zum Ausdruck gebrac...

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