Leitsatz

Bei auf Breitensport ausgerichtetem Tennisunterricht handelt es sich nicht um Schul- bzw. Hochschulunterricht i. S. d. § 4 Nr. 21 UStG, da er Freizeitcharakter hat.

Eine anderslautende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde kann lediglich ein Indiz dafür sein, dass die entsprechenden Leistungen nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen.

 

Sachverhalt

Der Kläger war fast ausschließlich für einen Tennisverein als freiberuflicher Trainer im (vereins-)organisierten Training für den Jugend-/Nachwuchsbereich tätig. Laut einer Bescheinigung der Regierung Berlin bereite der Tennisunterreicht des Klägers auf einen Beruf bzw. eine Prüfung i. S. d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vor. Das Finanzamt verneinte insoweit die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 UStG.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG sind die o. g. Trainerleistungen des Klägers nicht umsatzsteuerfrei.

Sportliche Veranstaltungen können steuerfrei sein, sofern der Steuerpflichtige eine juristische Person oder sonstige Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ist. Dies ist aber bei dem Kläger als natürliche Person nicht der Fall.

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die mit "der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder beruflicher Umschulung ....." betrauten Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten vergleichbaren Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreien. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgabe bisher nur unzureichend in die nationale Befreiungsnorm des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG umgesetzt. Daher kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen.

Beim Kläger als natürliche Person handelt es sich zwar um eine Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG (EuGH, Urteil v. 7.9.1999, C-216/97 (Gregg)). Jedoch handelt es sich bei den Leistungen des Klägers nicht um unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen.

Nach dem Urteil des EuGH, Urteil v. 28.1.2010, C-473/08 (Eulitz) umfasst der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL neben Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung führt oder eine Ausbildung für eine Berufstätigkeit vermittelt, auch anderen Unterricht, der die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten entwickelt. Die Befreiung gelte jedoch nicht, sofern diese Tätigkeiten den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

Nach der EuGH-Rechtsprechung stellt der "Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1", EuGH, Urteil v. 14.3.2019, C-449/17, nachfolgend BFH, Urteil v. 23.5.2019, V R 7/19) sowie der "Surf- und Segelschulen mit Schulklassen, schulischen Sportgruppen und Kursen von Universitäten", EuGH, Beschluss v. 7.10.2019, C-47/19 für sich allein keinen Schul- und Hochschulunterricht i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL dar. Der jeweils vorliegende spezialisierte und punktuell erteilte Unterricht komme für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleich. Nicht steuerfrei ist daher auch der "Betrieb einer Kampfsportschule" (Niedersächsisches FG, Urteil v. 20.2.2020, 11 K 170/19).

Unter Berücksichtigung der o. g. Rechtsprechung handelt es sich auch bei dem vom Kläger erteilten Tennisunterricht nicht um Schul- bzw. Hochschulunterricht. Bei den angebotenen Kursen (Einzel- und Gruppentrainings für Kinder, Jugendliche und Erwachsene) handelt es sich vielmehr darum, sich körperlich zu ertüchtigen und spezielle theoretische und praktische Kenntnisse in Bezug auf den Tennissport zu erlernen.

Der Tennisunterricht des Klägers hat nach Auffassung des FG vielmehr Freizeitcharakter im Breitensport. Der Kläger hat in den Streitjahren tatsächlich niemanden im Hinblick auf berufliche Ambitionen (Profi, Erwerb der Trainerlizenz) ausgebildet. Dass die erlernten Fähigkeiten indirekt auch für den Beruf des Tennisprofis oder Tennislehrers genutzt werden können, reicht nicht aus.

Die dem Kläger erteilte Bescheinigung der Regierung Berlin ist als Grundlagenbescheinigung zwar Voraussetzung für § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, hat aber nur Indizwirkung. Unabhängig davon hat das FG zu beurteilen, ob die jeweiligen Leistungen unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienen. Aus den oben dargelegten Gründen des FG liegen aber Anhaltspunkte vor, die die Indizwirkung der Bescheinigung der Landesbehörden widerlegen.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Erteilung von Schwimmunterricht. Insoweit steht noch eine Entscheidung des EuGH, Az beim EuGH C-373/1 (BFH, Vorlagebeschluss v. 27.3.2019, V R 32/18, BStBl 2019 II S. 457)) aus. Der BFH hält die Befr...

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