§ 9 verankert die Sorgfaltspflichten eines Unternehmens in Bezug die Risiken beim mittelbaren Zulieferer.

9.2.1 Zu Abs. 1

Das Unternehmen muss das Beschwerdeverfahren nach § 8 so einrichten, dass es Personen, die durch wirtschaftliche Tätigkeiten eines mittelbaren Zulieferers in einer geschützten Rechtsposition verletzt sein können, sowie Personen, die Kenntnis von einer möglichen Verletzung oder einem möglichen Verstoß gegen eine umweltbezogene Pflicht haben, ermöglicht, auf diese Verletzung hinzuweisen.

9.2.2 Zu Abs. 2

Liegen Erkenntnisse nach Abs. 3 vor, muss das Unternehmen sein Risikomanagement nach § 4 entsprechend anpassen, sodass das Unternehmen die in Abs. 3 genannten Pflichten erfüllen kann.

9.2.3 Zu Abs. 3

Von einer substantiierten Kenntnis ist auszugehen, wenn dem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine menschenrechtliche oder umweltbezogene Verletzung von Pflichten bei einem mittelbaren Zulieferer möglich erscheinen lassen.

Dies kann der Fall sein

  • über eine Beschwerde über das Beschwerdeverfahren gemäß § 8;
  • über eigene Erkenntnisse im Rahmen der laufenden Geschäftstätigkeit;
  • über die zuständige Behörde oder
  • durch andere Informationsquellen wie zum Beispiel Presseberichte.

Tatsächliche Anhaltspunkte können zum Beispiel Berichte über die schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion, die Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken sowie frühere Vorfälle beim mittelbaren Zulieferer sein.

In diesen Fällen hat das Unternehmen Maßnahmen gemäß Nr. 1 - 4 einzuleiten. Die Maßnahmen sind unverzüglich und anlassbezogen durchzuführen, das heißt bezogen auf die konkrete mögliche Verletzung.

Substantiiert ist die Kenntnis,[1] wenn dem Unternehmen überprüfbare und ernst zu nehmende Informationen über eine mögliche menschenrechtliche oder umweltbezogene Verletzung von Pflichten bei mittelbaren Zulieferern vorliegen. Dies können auch Informationen über Risiken in einer bestimmten Region sein, in der Zulieferer für das Unternehmen tätig sind.

[1] BT-Drs. 19/28649, S. 49 (amtl. Begründung zu § 9 LkSG).

9.2.3.1 Zu Nr. 1

Das Unternehmen hat bezogen auf die mögliche Verletzung von menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflichten eine Risikoanalyse gemäß § 5 durchzuführen. Dazu gehört auch die angemessene Gewichtung und Priorisierung eines identifizierten Risikos.

9.2.3.2 Zu Nr. 2

Bezogen auf die identifizierten und priorisierten Risiken hat das Unternehmen angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem mittelbaren Zulieferer, der das Risiko verursacht hat, zu ergreifen. Bei der Wahl der Maßnahmen hat es einen Ermessenspielraum, sollte sich aber an den Vorgaben des § 6 orientieren.

Zu den geeigneten Präventionsmaßnahmen kann gehören, gegenüber einem mittelbaren Zulieferer die Erwartung zu verdeutlichen, die menschenrechtlichen sowie umweltbezogenen Pflichten zu erfüllen. Hilfreiche Grundlage für eine erfolgreiche Kommunikation ist etwa die Übersetzung der entsprechenden Lieferantenkodizes in die geeignete Sprache und deren Veröffentlichung.

Wie bei allen Sorgfaltspflichten im Sinne des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes ist auch hinsichtlich des mittelbaren Zulieferers das Prinzip der Angemessenheit handlungsleitend. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das von einer möglichen Verletzung von Pflichten Kenntnis erlangt hat, versuchen muss, mehr über das Risiko und seine Ursachen herauszufinden und gegebenenfalls (direkt oder über unmittelbare Zulieferer) den mittelbaren Zulieferer zu kontaktieren, um seine Erwartungen zu verdeutlichen. Die Durchführung von Kontrollmaßnahmen bei einem mittelbaren Zulieferer kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dieser – etwa durch eine Weitergabeklausel – vertraglich verpflichtet wurde, den Lieferantenkodex des Unternehmens umzusetzen.

Auch die Unterstützung eines mittelbaren Zulieferers bei der Vorbeugung und Vermeidung eines Risikos kann eine angemessene Maßnahme sein. Dies kann auch dazu dienen, eine Lieferkette mit stabilen Geschäftsbeziehungen aufzubauen. In Betracht kommt zum Beispiel die gezielte und langfristige Unterstützung bestimmter mittelbarer Zulieferer, die für das Unternehmen von strategischer Bedeutung sind, um diese als stabile Partner zu etablieren. Denkbar ist auch die Unterstützung bestimmter sozialer Projekte in einer Region, die der Stärkung bestimmter Rechte dienen, wie zum Beispiel Gewerkschaftsfreiheit.

Der Beitritt zu branchenspezifischen oder branchenübergreifenden Initiativen ist ein wichtiges Instrument, um gemeinsam mit anderen Unternehmen risikovorbeugende Maßnahmen zu erarbeiten. Die Initiativen dienen dazu, Vorgaben zu standardisieren, das eigene Einflussvermögen zu vergrößern und durch Synergieeffekte eine Aufwandsreduktion zu erzielen. Da die vorgelagerte Lieferkette häufig aus komplexen und intransparenten Lieferantennetzwerken besteht, ist die Bedeutung kooperativer Ansätze hoch.

9.2.3.3 Zu Nr. 3

Bezogen auf eine Verletzung, die das Unternehmen nicht gemäß § 7 Abs. 1 mindern oder beenden konnte, hat das Unternehmen ein Konzept zur Minimierung u...

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