Die folgende Tabelle fasst typische Transaktionsgruppen und die i. d. R. anwendbaren VP-Methoden zusammen:

 
Transaktionsart Finanzierung Verrechnungspreis Verrechnungspreismethode (i. d. R.)
Darlehen, Kontokorrentkredite, Cash Pool Zins Kostenaufschlagsmethode/Preisvergleichsmethode/Profit-Split-Methode
Bürgschaften, Garantien, Patronatserklärungen Avalprovision Kostenaufschlagsmethode/Preisvergleichsmethode
Treasury-Funktionen, Hedging von Wechselkursen, Zinsrisiken, Rohstoffen Dienstleistungsvergütung Kostenaufschlagsmethode/Preisvergleichsmethode
I/C-Netting, Vermittlung von Finanzierungsinstrumenten Dienstleistungsvergütung Kostenaufschlagsmethode/Preisvergleichsmethode

Zum Einstieg ist festzuhalten, dass für Unternehmen grundsätzlich die Finanzierungsfreiheit gilt, die auch vom BFH[504] bestätigt wurde. Mit anderen Worten obliegt es dem Gesellschafter, ob er die Gesellschaft/Beteiligung mit Eigen- oder Fremdkapital versorgt. Ob und welchen Einschränkungen dieser Grundsatz unterliegt, soll nachfolgend kurz angedeutet werden.

Im internationalen Kontext ist die Regelungsdichte für Finanzierungstransaktionen sehr komplex. Beispielsweise sind folgende Vorschriften zu beachten, die im Wesentlichen versuchen, den steuerlichen Abzug von Zinsaufwand dem Grunde oder der Höhe nach zu beschränken:

  • Regelungen zu Gesellschafterfremdfinanzierungsquoten. In vielen Ländern[505] wird derjenige Zinsaufwand nicht zum steuerlichen Abzug zugelassen, der anteilig auf ein "übermäßiges" Fremdkapital entfällt. Häufig wird "übermäßig" als ein bestimmter Faktor des Eigenkapitals definiert.
  • Pauschale (anteilige) Hinzurechnung des Zinsaufwands bei bestimmten Unternehmenssteuern, wie z. B. der Gewerbesteuer in Deutschland
  • Steuerliche Hinzurechnung des Zinsaufwands, soweit ein bestimmter Prozentsatz des EBITDAs überschritten wird (in Deutschland: 30 %)
  • Steuerliche Hinzurechnung von Zinsaufwand, soweit keine Fremdüblichkeit vorliegt (Verrechnungspreise)
  • Internationale Qualifikationskonflikte führen zu einer Doppelbesteuerung oder auch einer doppelten Nichtbesteuerung von Erträgen aus (hybriden) Finanzierungsinstrumenten. Insbesondere letztere sind im Rahmen der BEPS-Diskussion von der OECD aufgegriffen worden und sollen im Rahmen von noch zu entwickelnden Gegenmaßnahmen von den Finanzbehörden bekämpft werden[506].

Die Ausführungen dieses Kapitels beschränken sich ausschließlich auf VP-Aspekte, nämlich auf die Frage der steuerlichen Angemessenheit der Finanzierungskonditionen.

Die aktuellen BEPS Neuerungen in Hinblick auf konzerninterne Finanzierungstransaktionen sind hier eingearbeitet worden.

Hinsichtlich der Analyse verschiedener Verrechnungspreisaspekte von Finanztransaktionen hatten die finalen BEPS-Berichte zu Aktionspunkt 4 und 8 bis 10 diverse Folgearbeiten in Auftrag gegeben. Diese mündeten nach einem im Sommer 2018 veröffentlichten Diskussionspapier, nach über 900 Seiten eingereichter Kommentare und öffentlichen Diskussionen in ein komplett neues Kapitel X der OECD-VP-Richtlinien, das am 11. Februar 2020 veröffentlicht wurde.[4]

Die OECD äußert sich damit erstmals umfangreich zur Vergütung von Treasury-Funktionen, unterteilt in konzerninterne Darlehen, Cash Pooling und Hedging, zu Bürgschaften/Garantien, firmeninternen Versicherungen (sog. "Captive Insurances") sowie zur Ermittlung von risikolosen und risikoadjustierten Zinssätzen. Darüber hinaus liefert die OECD Hinweise zur Anwendung der Verrechnungspreisgrundsätze auf Finanztransaktionen, insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung bzw. Charakterisierung der tatsächlichen Transaktion und der relevanten wirtschaftlichen Merkmale für die Analyse von Finanztransaktionen.

Zusammenfassung:

Das neue Kapitel X der OECD-VP-Richtlinien stellt einen Meilenstein bei der Bepreisung von konzerninternen Finanztransaktionen dar. Es wird spannend zu beobachten, inwiefern sich die neuen Leitlinien in der nationalen Gesetzgebung widerspiegeln werden. Mit den Ausführungen in den VGV 2021 hat die deutsche Finanzverwaltung eine Position eingenommen, die grundsätzlich der der OECD entspricht. Nachdem sich allerdings die Ausführungen in den VGV 2021 zum Teil auf vorgeschlagene Gesetzesänderungen stützen, die im Rahmen des ATAD-Umsetzungsgesetzes letztendlich nicht verabschiedet worden sind,[5] ist es fraglich, ob diese Ausführungen für den Steuerpflichtigen relevant sind.

In jedem Fall ist man als Konzern gut beraten, jetzt seine konzerninternen Finanztransaktionen kritisch auf den Prüfstand zu stellen und insbesondere die häufig bestehenden Cash Pools mit Zinsermittlung auf Basis der Preisvergleichsmethode kritisch zu hinterfragen. Auch bei konzerninternen Darlehen müssen aktuelle Vertragskonditionen im Detail analysiert und gegebenenfalls angepasst werden. In Summe ist davon auszugehen, dass Finanztransaktionen noch viel stärker im Fokus der Finanzbehörden stehen und ein Kernthema bei zukünftigen Betriebsprüfungen sein werden. Bereits jetzt lässt sich in der Praxis beobachten, dass Betriebsprüfer in Deut...

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