Mit dem Start im Mai 2017 konnte sich SbB wesentliche Marktvorteile sichern. Als First Mover war das Projekt durch zahlreiche Presseartikel in den Medien sehr präsent, was sich sehr positiv auf den Bekanntheitsgrad und damit auf die Verkaufszahlen auswirkte. Touren von SbB wurden direkt von diversen Partnerorganisationen mit vermarktet.

Marktbearbeitung

Zu Beginn wurden neben dem klassischen Tages-/Tourengeschäft hauptsächlich die Themen Marketing und Vertrieb getrieben. Hierfür wurden eine professionell gestaltete Werbemappe (Flyer, Visitenkarten, Sticker, T-Shirts, Sponsoren Info Package, Messeflagge) sowie Homepage entwickelt. Insbesondere der Internetauftritt kam bei den Stakeholdern gut an und diente damit oft als Türöffner zu potenziellen Partnerorganisationen und Kunden. Als durchaus herausfordernd erwies sich, Kunden (vom Klick zum Kauf) zu begeistern. Als Start-up lässt man sich anfangs gerne mal vom positiven Feedback seiner (potenziellen) Kunden blenden. Es geht aber darum, Kunden von "Wow, das klingt interessant" zu "Wow, das kaufe ich" zu bringen, denn das einzig wahre Feedback ist ein unterschriebener Vertrag. Ein systematisch aufbereitetes und gut gepflegtes Feedback-/Review-/Bewertungsmanagement stellt im Zeitalter der Digitalisierung und v.a. für Dienstleistungsunternehmen einen essentiellen Stellhebel. Ebenso wichtig ist ein wohl dosierter und nicht in Penetranz abdriftender Auftritt in sozialen Netzwerken. Hier geht es darum, möglichst viele Likes und Sterne auf etablierten Plattformen zu sammeln. Diese stellen Multiplikatoren dar und tragen damit zur nachhaltigen Etablierung des Geschäftsmodells bei. Die organische Suchmaschinenoptimierung (SEO) noch vor Lancierung des Business spielte eine entscheidende Rolle.

Mithilfe dieser Maßnahmen im Online- und Offline-Bereich lief das Geschäft wie geplant erfolgreich an.

Time-to-Market

Der Faktor Zeit wurde als kritisches Erfolgskriterium erachtet.[1] Die Gefahr bestand und besteht noch immer, dass, wenn SbB nicht im gleichen Jahr, also 2017, an den Start geht, ein Wettbewerber die Idee aufgreifen und ins Leben rufen würde. Vor diesem Hintergrund wurde es als notwendig erachtet, sich in bestimmten Situationen für eine andere als aus theoretischer Sicht vielleicht plausiblere Reihenfolge von Umsetzungsschritten zu entscheiden.

Kritische Erfolgsfaktoren

Diesen Punkt betrifft im Falle von SbB v.a. das Thema "Betriebsstätte". Denn wesentliche und für das Business essentielle Grundbausteine wie die sichere und wetterfeste Unterbringung der Fahrradflotte konnten mit dem Kooperationspartner noch nicht gewährleistet werden. Zwar konnte ein sehr attraktiver Start- und Zielpunkt für die Touren gewonnen werden, nur war die Fahrradflotte dort in keinem verschließbaren Raum, sondern lediglich auf einem abgesperrten Bereich deponiert. Ein Versicherungsschutz war unter diesen Bedingungen nicht gegeben. Daher liefen seit Jahresbeginn zahlreiche Termine und intensive Verhandlungsrunden mit der Stadt, um ein adäquates Fahrraddepot am favorisierten Standort errichten zu dürfen. Denn Gelder für die langfristige Finanzierung einer in Stuttgart üblich hohen Miete wirft das Geschäftsmodell nicht ab. Nach vier Monaten Verhandlung hat die Stadt den Antrag abgelehnt.

Im Laufe der weiteren Geschäftstätigkeit kristallisierten die sichere und wetterfeste Unterbringung der Fahrradflotte sowie das Recruiting von ortskundigen Tour-Guides als zunehmend herausfordernd heraus. Zwar konnten potenzielle Guides angeworben und eingearbeitet werden, nur sprangen einige aus diversen Gründen nach kurzer Zeit wieder ab. Auch nach zwei Monaten Betriebslaufzeit und insgesamt vier Monaten Verhandlungszeit mit der Stadt war keine Lösung für die adäquate Unterbringung der Flotte gefunden.

Nach weniger als zwei Monaten Betriebszeit erlitt das Start-up einen herben Rückschlag. Die gesamte E-Bike-Flotte wurde entwendet. Die folgenden zwei Monate standen folglich Schadensbegrenzungsmaßnahmen im Vordergrund des Geschäftsbetriebs. Touren wurden nur auf Anfrage durchgeführt, damit jegliche Kapazitäten in die Suche einer neuen Betriebsstätte fließen konnten.

Im Zuge dieses Such- und Findungsprozesses wurde die strategische Ausrichtung permanent kritisch hinterfragt und weiteren Reviews unterzogen, was unweigerlich auch zu neuen Erkenntnisgewinnen und Ideen führte. Infolgedessen ergab sich auch ein neues SWOT-Profil (siehe Abb. 6). Einst nicht erkannte Schwächen und Risiken wurden auf einmal mit hohem Risikofaktor eingestuft. Infolge des aktualisierten SWOT-Profils wurden geplante Maßnahmen umpriorisiert, was wiederum ein verändertes SWOT-Strategie-Portfolio mit sich brachte. Die mangelnde Flexibilität öffentlicher Behörden führte beispielsweise zur Suche nach einer "richtigen" Immobilie sowie Anpassung bestimmter Routenführung und zum Teil gar Absage ausgewählter Touren in Waldflächen.

Abb. 6: SWOT-Profil von SbB nach Fortschreibung

[1] Vgl. auch Stirzel/Hüntelmann, 2008, S. 49.

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