Von der Verfolgung einer Straftat bzw. abtrennbarer Teile einer Tat kann abgesehen werden, wenn die Strafe im Verhältnis zu einer für eine andere Tat zu erwartenden oder bereits verhängten Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1:

Gegen X wurde als Einzelunternehmer wegen Umsatzsteuer-Hinterziehung 01 und 02 i. H. von 200.000 EUR eine Freiheitsstrafe verhängt. Später stellt sich heraus, dass X als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH im Jahre 03 Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben hat, nach der Aktenlage aber vom Finanzamt in zutreffender Höhe geschätzt wurde, so dass Umsatzsteuer i. H. von 10.000 EUR nicht rechtzeitig festgesetzt wurde.

Das Ermittlungsverfahren wegen Umsatzsteuer-Hinterziehung 03 wird eingestellt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2:

Y wird von der Staatsanwaltschaft die Hinterziehung von Tabaksteuer, Einfuhrumsatzsteuer und Zöllen i. H. von rund 300.000 EUR vorgeworfen. Die BuStra-Stelle stellt das bei ihr anhängige Verfahren wegen Umsatzsteuer-Hinterziehung i. H. von 25.000 EUR ein.[1]

 
Hinweis

Verständigungen in Steuerstrafverfahren

Die Bestimmungen der §§ 154, 154a StPO können i. R. von Verständigungen in Steuerstrafverfahren Bedeutung gewinnen. Staatsanwaltschaften und BuStra-Stellen sind häufig bereit, Teile eines Strafverfahrens einzustellen und damit den strafrechtlichen Vorwurf zu beschränken, wenn der Beschuldigten hinsichtlich anderer Verfahrensteile den Schuldvorwurf einräumt. Der Vorteil einer solchen Verfahrensweise besteht darin, dass sich das Geständnis und die Verringerung des strafrechtlichen Vorwurfs günstig auf die Rechtsfolge auswirken, z. B. zu einer geringeren Strafe führen. Jedoch bleiben die nachteiligen steuerlichen Folgen für die ausgeschiedenen Verfahrensteile bestehen.[2]

In der Praxis ist besonders besonders beliebt – insbesondere bei komplizierten Fällen (z. B. Schätzung bei unbrauchbarer Buchführung) – dass von dem Rechtsinstitut der doppelten tatsächlichen Verständigung Gebrauch gemacht wird. Hier wird dann das Besteuerungsverfahren mit dem Steuerstrafverfahren verknüpft, sodass eine Paketlösung ausgehandelt wird. Dies ist verfahrensökonomisch für alle Beteiligten sinnvoll und man kommt in relativ kurzer Zeit zu flächendeckender Rechtssicherheit. Das Problem ist jedoch, dass aufgrund der Vielzahl von Beteiligten (Vertreter der Finanzbehörden, Betriebsprüfung, Rechtsbehelfsstelle, BuStra und Staatsanwaltschaft) der Beschuldigte und dessen Verteidiger im Ergebnis an einem Strang ziehen müssen, damit diese Einigung überhaupt erreicht werden kann. Allerdings steigt die Kompromissbereitschaft erfahrungsgemäß, je länger das Steuerstrafverfahren dauert und die Verjährung "kurz vor der Tür steht".

[2] Flore/Dörn/Gillmeister, Steuerfahndung und Steuerstrafverfahren, 2. Aufl., S. 318.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge