Zur Verhängung von Strafen im Bereich der Kleinkriminalität (Stichwort: Ladendiebstähle) wurde die Vorschrift des § 153a StPO im Rahmen des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB 1974) eingeführt. Die Vorschrift lautet: Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und sogleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Zur Verhängung von Auflagen kommen insbesondere die Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens und die Leistung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse in Betracht.

Der ursprüngliche Zweck der Vorschrift, im Bereich der kleineren Kriminalität auf dieser Basis zu ahnden, hat sich im Laufe der Zeit geändert. Dieser extensiven Auslegung der Vorschrift ist der Gesetzgeber gefolgt und hat durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 die Voraussetzungen geschaffen, dass die Schwere der Schuld dem Absehen von der Erhebung der öffentlichen Klage nicht entgegenstehen dürfe. In neuester Zeit wird die Vorschrift sogar bei komplizierten und langwierigen Verfahren mit höchsten Schadensvolumina (Stichwort: Mannesmann/Vodafone, Ecclestone) ausgedehnt.

Steuerstrafverfahren können nach Erfüllung von Auflagen durch den Beschuldigten (z. B. Zahlung eines Geldbetrags an die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung) eingestellt werden, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Die Vorschrift ist in der Praxis von erheblicher Bedeutung. Eine bestimmte Höhe der Steuerverkürzung, bis zu der eine Einstellung des Verfahrens in Betracht kommt, lässt sich in der Rechtswirklichkeit nicht feststellen. Immer wieder werden sogar Verfahren, bei denen der Höhe der Verkürzungsbeträge nach an sich sogar eine Freiheitsstrafe in Betracht zu ziehen wäre, nach § 153a StPO abgeschlossen. Dies hängt dann meist damit zusammen, dass ein Fall verjährungsbedroht oder/und ein größerer Ermittlungsaufwand notwendig wäre (Extremfall Ecclestone).[1]

Auch wird nicht einheitlich zur Auflage gemacht, dass die verkürzten Steuern nachzuzahlen sind.

Insgesamt spielen bei der Verfahrensweise verfahrensökonomische Gründe eine bedeutende Rolle, Verhandlungsinitiativen haben einen breiten Raum.

Der Charme der Vorschrift des § 153a StPO besteht insbesondere darin, dass die Beschuldigten nicht vorbestraft sind und hinsichtlich des ursprünglichen Tatvorwurfs weiterhin die Unschuldsvermutung gilt.[2]

Der "Freikauf" bei unübersichtlicher Sach- und Rechtslage ist an der Tagesordnung; die Einstellung nach § 153a StPO übernimmt die Funktion des "strafrechtlichen Vergleichs".[3]

Einstellungen nach § 153a StPO

 
1992 7.813 1998 17.910
1993 8.865 1999 23.277
1994 10.370 2000 24.471
1995 12.177 2001 24.007
1996 13.377    
1997 (keine Zahl vorhanden)    

Neuere Daten werden vom BMF nicht mehr veröffentlicht.

Die o. a. signifikante Steigerung der Einstellungen nach dürfte im Wesentlichen auf die Abschlüsse von Verfahren gegen Bankkunden (Ankauf von sog. Steuer-CD’s)zurückzuführen sein. Eine Einstellung nach § 153a StPO hat für den Beschuldigten den Vorteil, dass er unbestraft bleibt.

Im Fall der Verfahrensweise nach § 153a StPO ist die Zustimmung des Richters erforderlich, es sei denn, dass die verursachten Folgen gering sind. In den BuStra-Stellen der FÄ geht man davon aus, dass eine richterliche Zustimmung nicht erforderlich ist, wenn die Steuerverkürzung ca. 2.500 EUR nicht überschreitet oder andernfalls ein Strafbefehl von nicht mehr als 30 Tagessätzen beantragt würde. Die in den übrigen Fällen notwendige Zustimmung des Gerichts stellt nicht unbedingt eine bloße Formalie dar. In seltenen Fällen kann es durchaus vorkommen, dass die Zustimmung vom Richter verweigert wird, weil die vorgesehene Auflage für zu gering erachtet wird.

Werden Anträge auf Zustimmung des Richters über die Staatsanwaltschaft dem Gericht zugeleitet, so besteht ferner die Möglichkeit, dass auch die Staatsanwaltschaft – die die Befugnis hat, jedes Verfahren an sich zu ziehen – Bedenken äußert. Namentlich bei hohen Verkürzungsbeträgen wird u. U. eine Einstellung nicht mehr für gerechtfertigt, sondern eine Bestrafung für erforderlich gehalten. Es wird dann argumentiert, dass vermieden werden soll, dass sich begüterte Täter "freikaufen", während wirtschaftlich schlechter gestellte Personen der Belastung einer Hauptverhandlung ausgesetzt sind und ggf. das Risiko einer Freiheitsstrafe in Kauf nehmen müssen. (Auch) diese Erwägung wird allerdings nicht annähernd konsequent durchgehalten.[4]

Die neueste Tendenz geht jedoch dahin, sogar sog. Großverfahren auf der Basis des § 153a StPO einzustellen. Einer der ersten spektakulären Fälle war di...

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