Leitsatz

Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch dann nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon, durch dessen Nutzung die Telefonkosten entstanden sind, von dem Arbeitnehmer zu einem niedrigen, auch unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er das Mobiltelefon dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 45 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 117, § 929 Satz 1, § 930 BGB, § 41 Abs. 2, § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin schloss mit mehreren Arbeitnehmern Kaufverträge über deren gebrauchte Mobiltelefone, mit denen die Klägerin die zuvor von den Arbeitnehmern privat angeschafften Geräte zu Kaufpreisen zwischen 1 EUR und 6 EUR erwarb. Zeitgleich mit den Kaufverträgen schloss die Klägerin mit diesen Arbeitnehmern jeweils eine "Ergänzende Vereinbarung zum Arbeitsvertrag Handykosten" ab. Danach stellte die Klägerin den Arbeitnehmern die zuvor erworbenen Mobiltelefone (wieder) zur Verfügung und übernahm die hierfür entstehenden monatlichen Kosten des Mobilfunkvertrags. Zudem war u.a. geregelt, dass die Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet waren, das Mobiltelefon an die Klägerin zurückzugeben.

Die Klägerin behandelte die ihren Arbeitnehmer erstatteten Kosten der Mobilfunkverträge als nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei.

Nach einer LSt-Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass § 3 Nr. 45 EStG vorliegend nicht greife, und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid über LSt und sonstige Lohnabzugsbeträge. Der Ankauf der gebrauchten Mobiltelefone der Arbeitnehmer sei eine unangemessene rechtliche Gestaltung i.S.v. § 42 AO. Einem fremden Dritten hätten die Arbeitnehmer ihre Mobiltelefone nicht für nur 1 EUR bis 6 EUR überlassen. Der "Verkauf" der Telefone sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG erfolgt.

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt (FG München, Urteil vom 20.11.2020, 8 K 2655/19, Haufe-Index 14509902, EFG 2021, 1288).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Nach § 3 Nr. 45 EStG sind die (im Grundsatz steuerbaren) Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen, steuerfrei.

2. Die Mobiltelefone stellen im Streitfall betriebliche Telekommunikationsgeräte der Klägerin dar.

a) Ein Telekommunikationsgerät ist ein betriebliches i.S.d. Steuerbefreiungsvorschrift, wenn es im zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Arbeitgebers steht oder es sich um ein dem Arbeitgeber aufgrund eines Nutzungsvertrags mit einem Dritten, insbesondere eines Leasingvertrags, zuzurechnendes Gerät handelt.

b) Die Klägerin war vorliegend zivilrechtliche Eigentümerin der Geräte. Sie hat die Mobiltelefone von ihren Arbeitnehmern aufgrund zivilrechtlich wirksamer Kaufverträge zu Preisen zwischen 1 EUR und 6 EUR erworben und das Eigentum an den Geräten durch Einigung und Übergabe (§ 929 Satz 1 BGB) oder durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) erlangt.

c) Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO, § 117 BGB) gehandelt haben könnte, liegen – entgegen der Auffassung des FA – nicht vor.

aa) Gemäß § 41 Abs. 2 AO sind Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für die Besteuerung unbeachtlich. Empfangsbedürftige Willenserklärungen, die mit Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein abgegeben werden, sind nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind und das Vereinbarte nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien keine Geltung haben soll. Folglich ist kein Scheingeschäft gegeben, wenn der von den Vertragsbeteiligten erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt.

bb) So verhält es sich auch im Streitfall. Denn die Inanspruchnahme der von der Klägerin und ihren Arbeitnehmern erstrebten Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG setzt gerade voraus, dass es sich bei den Mobiltelefonen um betriebliche Telekommunikationsgeräte der Klägerin handelt, die Klägerin also insbesondere zivilrechtliche Eigentümerin der Geräte wurde. Das FG hat ferner keine Umstände festgestellt, die darauf hindeuten könnten, dass die von der Klägerin mit ihren Arbeitnehmern abgeschlossenen Kaufverträge nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschließenden keine Gültigkeit haben sollten.

d) Den zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern abgeschlossenen Kaufverträgen über die Mobiltelefone ist die steuerliche Anerkennung auch n...

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