Leitsatz

Werden Anteile an einer Personengesellschaft schenkweise übertragen und behält sich der Schenker nicht nur das Nießbrauchsrecht, sondern auch das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung vor, erlangt der Beschenkte keine Mitunternehmerstellung. Eine Begünstigung nach § 13a ErbStG a.F. kommt dann nicht zur Anwendung.

 

Sachverhalt

Die Kläger erhielten von ihren Eltern Anteile an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft zugewandt, den Schenkern wurde jeweils das lebenslange Nießbrauchsrecht eingeräumt. Entsprechend den eingereichten Steuererklärungen setzte das Finanzamt gegenüber den Beschenkten die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des beantragten Freibetrags nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. (225.000 EUR) und des Bewertungsabschlags nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. (35 %) fest.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass gesellschaftsvertraglich geregelt war, dass während des Bestehens des Nießbrauches das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung den Nießbrauchern zustehen würde. Die Finanzverwaltung vertrat daraufhin die Auffassung, dass es damit den Nießbrauchsberechtigten an Mitunternehmerinitiative fehle und deshalb keine Mitunternehmerstellung vorliegen wurde. Die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheide wurde deshalb geändert und die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung der Begünstigungen nach § 13a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG a.F. festgesetzt.

 

Entscheidung

Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Im vorliegenden Fall kam das Gericht zu der Erkenntnis, dass der für die Eltern der Kläger bestellte Vorbehaltsnießbrauch so ausgestaltet ist, dass die Mitunternehmerstellung hinsichtlich der übertragenen Kommanditanteile bei den Eltern der Kläger verblieben und insoweit nicht auf die Beschenkten übergegangen ist. Mitunternehmerschaft liegt vor, wenn der Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Elemente müssen vorhanden sein, können aber in ihrer Gewichtigkeit unterschiedlich ausgeprägt sein. Fehlt eines der Elemente ganz, ist eine Mitunternehmerstellung nicht gegeben.

Dabei ist dem Erfordernis der Mitunternehmerinitiative bereits dann genügt, wenn die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten besteht, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einen Kommanditisten nach dem HGB zustehen (vgl. BFH, Urteil v. 16.12.2009, IV R 44/08, BFH/NV 2010, S. 690). Deshalb lässt ein nach den Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch die Mitunternehmerinitiative des den Nießbrauch bestellenden Erwerbers einer Kommanditbeteiligung nicht entfallen (vgl. BFH, Urteil v. 1.3.1994, VIII R 35/92, BStBl 1995 II S. 241).

Im vorliegenden Fall sind die Beteiligten aber von den Vorgaben des BGB abgewichen. Da sich die bisherigen Kommanditisten auch nach Übertragung der Anteile das volle Stimmrecht vorbehalten hatten, haben sie sich nicht nur die Ausübung der nach ihrem anteiligen Festkapital zu ermittelnden Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten vorbehalten, sondern auch im Bereich der Grundlagengeschäfte. Durch diese Regelung haben sich die Kläger der Ausübung ihrer Stimmrechte begeben und damit den bisherigen Kommanditisten (Schenkern) auch die Möglichkeit eingeräumt, den Gesellschaftsvertrag ggf. zu ihrem Nachteil zu ändern.

Etwas anderes könne sich auch nicht dadurch ergeben, dass einer der Kläger sowohl Gesellschafter wie auch Geschäftsführer der Komplementär GmbH gewesen sei, da er die Geschäftsführerstellung schon vor der Übertragung der Kommanditanteile inne gehabt habe. Für die Begünstigung nach § 13a ErbStG a.F. kommt es aber darauf an, dass der übertragene Geschäftsanteil als Gegenstand des zum Schenkungsstichtag zu besteuernden Erwerbs dem Beschenkten die Mitunternehmerstellung vermittelt. Die Berücksichtigung von bereits in der Person des Beschenkten vorhandenen Umständen würde gegen das Stichtagsprinzip verstoßen.

 

Hinweis

Bis zum 31.12.2008 war nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. u.a. die Übertragung eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG sowie eines Anteils an einer Gesellschaft nach § 18 Abs. 4 EStG begünstigt. Dazu ist notwendig, dass der Erwerber die Mitunternehmerstellung erlangt. Für ab dem 1.1.2009 ausgeführte Zuwendungen (Schenkungen unter Lebenden und Erwerbe von Todes wegen) gilt nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für die Begünstigung des Betriebsvermögens dem Grunde nach vergleichbares.

Ob die Regelungen zur Begünstigung des Betriebsvermögens nach dem seit dem 1.1.2009 geltenden Regelungen mit der Verfassung zu vereinbaren sind, ist zweifelhaft. Der BFH hat mit Beschluss v. 27.9.2012, II R 9/11 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 i.V.m. § 13a und § 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 24.05.2012, 3 K 1771/11 Erb

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