Rz. 135

Der Tod einer Person kann mit der Erstellung von 2 unterschiedlichen Vermögensaufstellungen verbunden sein. Zum einen ist eine Aufstellung für die Erbschaftsteuer zu errichten. Zum anderen kann der Erbe ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände (Inventar) bei dem Nachlassgericht einreichen, um die beschränkte Erbenhaftung zu erhalten.

14.1 Inventar

14.1.1 Gesetzliche Grundlage für die Aufstellung

 

Rz. 136

Die Erben haften für die Schulden des Erblassers, § 1967 Abs. 1 BGB. Sie haben allerdings die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.[1]

Kommen die Erben einer Aufforderung des Nachlassgerichts zur Erstellung eines Inventars nicht nach, kann die Haftung nicht mehr beschränkt werden (§§ 1993 ff. BGB). Eine solche Aufforderung erfolgt nur, wenn ein Nachlassgläubiger dies verlangt. Für die Erstellung des Inventars setzt das Nachlassgericht den Erben eine Frist von in der Regel 1 bis 3 Monaten (§ 1995 Abs. 1, 3 BGB).

Wenn der Erbe absichtlich ein unrichtiges Inventar verursacht (§ 2005 BGB) oder es ablehnt, die Vollständigkeit des Inventars an Eides statt zu versichern, verliert er die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

[1] Vgl. Küpper, in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 1967, Rz. 25.

14.1.2 Ansatz und Bewertung

 

Rz. 137

Das Inventar soll alle Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem Wert am Tag des Erbanfalls aufführen (§ 2001 BGB).[1]

[1] Vgl. Küpper, in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 2001, Rz. 2.

14.2 Vermögensaufstellung anlässlich der Erbschaftsteuer

14.2.1 Gesetzliche Grundlage für die Aufstellung

 

Rz. 138

Um die Höhe der Erbschaftsteuer zu ermitteln, ist eine Vermögensaufstellung zu erstellen. Die Bewertung der einzelnen Gegenstände richtet sich nach dem BewG (§ 12 ErbStG).

Vor dem ErbStRG 2009[1] bestand sowohl eine Bestands- als auch Bewertungsidentität zwischen Steuerbilanz und erbschaftsteuerlicher Vermögensaufstellung für das Betriebsvermögen.[2] Aufgrund des Grundsatzes der verlängerten Maßgeblichkeit (Übernahme der handelsrechtlichen Wertansätze in die Steuerbilanz und von dort aus in die Vermögensaufstellung) bestand eine in die Vergangenheit gerichtete Verknüpfung mit der Buchführung der Vermögensaufstellung. Somit lag einerseits die Annahme einer Sonderbilanz nahe. Gleichzeitig wurden aber Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Grundvermögen neu bewertet, was andererseits die Qualifikation als Status zuließ.

Für das Betriebsvermögen besteht weiterhin eine Bestandsidentität, weil der ertragsteuerliche Begriff des Betriebsvermögens maßgeblich für die Vermögensaufstellung ist.[3] Die Bewertungsidentität ist aber entfallen,[4] sodass die Vermögensaufstellung aufgrund der fehlenden Verknüpfung mit vergangenen oder zukünftigen Regelbilanzen und der fehlenden Verknüpfung mit der Finanzbuchführung als Status qualifiziert.

[1] Vgl. BGBl 2008 I S. 3018.
[2] Vgl. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz mit Bewertungsrecht und Verfahrensrecht, § 12 Rz. 700, Stand: 6/2017.
[4] Vgl. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 12 Rz. 700, Stand: 6/2017.

14.2.2 Ansatz und Bewertung

 

Rz. 139

Was in der Vermögensaufstellung anzusetzen ist, richtet sich nach dem jeweiligen steuerpflichtigen Vorgang (§ 1 Abs. 1 ErbStG). Im Einzelnen ist wie folgt zu bewerten:

  • Betriebsvermögen ist mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 109 Abs. 1 BewG).[1]
  • Grundvermögen (auch betriebliches § 99 Abs. 3 BewG) ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 177 BewG).

    • Unbebaute Grundstücke sind durch Multiplikation ihrer Fläche mit dem Bodenrichtwert zu bewerten (§ 179 Satz 1 BewG).
  • Die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften orientiert sich grundsätzlich am Börsenpreis (§ 11 Abs. 1 BewG) bzw. anhand des aus der letzten Anteilsveräußerungen gemeinen Wertes (§ 11 Abs. 2 BewG). Wenn die letzten Anteilsverkäufe mehr als ein Jahr zurückliegen, ist der gemeine Wert der Anteile unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. Möglich ist auch Ermittlung des gemeinen Wertes im vereinfachten Ertragswertverfahren nach §§ 199 ff. BewG (R B 11.2 Abs. 2 S. 4 ErbStR).
[1] In der Regel gemäß §§ 199 ff. BewG.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge