Die Welt ändert sich mit hoher Geschwindigkeit. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sich Märkte, Kundenanforderungen, Wettbewerbssituationen, Verfügbarkeit von Rohstoffen und Fachkräften etc. schneller, häufiger und gravierender ändern als dies noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Die Ursachen sind vielfältig und lassen sich weitgehend mit den Megatrends wie der globalen Konnektivität, der Individualisierung und der Globalisierung erklären.

Diese hohe Dynamik erzeugt komplexe Entscheidungssituationen. Das Cynefin-Modell stellt dar, dass sich dadurch das Steuerungsparadigma verändert (vgl. Abschnitt A.1.2). Die Planbarkeit von Abläufen, von Marktentwicklungen etc. nimmt drastisch ab. Projekt- und Unternehmensplanungen, die Monate oder gar Jahre in die Zukunft reichen, werden aufgrund neuer Erkenntnisse immer wieder angepasst werden müssen. Daher ist eine längerfristige Planung oft unnötige Arbeit und damit Blindleistung. Die "Cone of Uncertainty" stellt dar, dass die Zukunft mit zunehmendem Horizont immer unsicherer wird. Die Ausdehnung dieses Trichters, also die Unsicherheit, wird stetig größer und gleichzeitig steigen die Risiken zur Abweichung von einem Plan (s. Abb. 1).

Abb. 1: Wachsende Unsicherheit um einen Plan herum im Zeitablauf

In solchen komplexen Situationen sind unternehmerische Entscheidungen nicht mehr sinnvoll zu treffen. Die Systemtheorie von Niklas Luhmann beschreibt, dass in solchen komplexen Systemen keine Anwendung von Wissen möglich ist. Entscheidungen können ausschließlich auf Basis von Können und Erfahrung getroffen werden.[1]

In der Praxis wird eine Entscheidungs- und Steuerungsfähigkeit hergestellt durch verschiedene Wege der "Entkomplexierung". Der wesentliche Aspekt ist die Reduzierung des Betrachtungshorizonts auf einen planbaren Zeitraum. Dies kann z. B. ein Quartal sein, wie es in der agilen Methode OKR (vgl. Abschnit B.2.1 und B.2.3) üblich ist oder z. B. zwei Wochen, die normale Länge eines Sprints in der agilen Methode Scrum.

In diesen kurzen Zeiträumen wird inkrementell-iterativ gearbeitet. Am Ende jedes Inkrements erfolgt eine Neuausrichtung, die die aktuellen Umfeldbedingungen berücksichtigt. Während der Inkremente wird grundsätzlich ohne Berücksichtigung geänderter Rahmenbedingungen gearbeitet. Es ergibt sich eine Abfolge von stabilen und agilen Elementen. Die agile Neuorientierung sorgt dafür, dass die richtigen Dinge im Unternehmen getan werden (Effektivität), also die richtigen Produkte entwickelt, die richtigen Märkte adressiert etc. Die stabile Arbeit zwischen den agilen Punkten schafft die nötige Effizienz.

Abb. 2: Wechsel von agilen und stabilen Elementen zur Balance von Effektivität und Effizienz

Durch diese Form der Agilisierung von Unternehmen wird eine Steuerungsfähigkeit wiederhergestellt, die durch die zunehmende Komplexität verlorengegangen ist.

[1] Vgl. Luhmann, 1987.

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