Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Auslegung der 6. EG-RL vorgelegt: Gilt die Sonderregelung für Reisebüros in Art. 26 der 6. EG-RL auch für Umsätze eines Veranstalters von sog. "High-School-Programmen" und "College-Programmen" mit Auslandsaufenthalt von drei bis zehn Monaten, die den Teilnehmern im eigenen Namen angeboten werden und für deren Durchführung Leistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch genommen werden?

 

Normenkette

§ 4 Nr. 23 UStG , § 25 UStG , Art. 26 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin veranstaltet "High-School-Programme" und "College-Programme". Zu deren Durchführung bediente sie sich – gegen Entgelt – z.T. einer ausländischen Partnerorganisation. Der Pauschalpreis umfasste Flüge mit Reiseleiter, Wohnung und Verpflegung bei der Gastfamilie, Unterricht an der High-School, Betreuung durch die Partnerorganisation während des Aufenthalts, Vorbereitung, Reiserücktrittsversicherung, nicht z.B. Taschengeld, Kranken-, Haftpflicht- und Unfallversicherung, Einreisevisum. Die Klägerin bot sowohl die Flüge als auch die Aufnahme in der High School und bei der Gastfamilie im eigenen Namen an.

Das FA meinte, es handele sich um steuerfreie sonstige Leistungen i.S.v. § 4 Nr. 23 UStG zu Erziehungs- oder Ausbildungszwecken. Das führte zur Verringerung der Vorsteuerüberschüsse.

Das FG gab der Klage statt (EFG 2002, 1125).

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Revisionsverfahren und legt dem EuGH die im Tenor wiedergegebene Frage zur Vorabentscheidung vor.

 

Hinweis

Kontrovers sind die Ansichten zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von sog. "High-School-Programmen" (mehrere Monate High-School-Besuch im Ausland, kostenlose Unterbringung in Gastfamilien) und sog. "College-Programmen" (Aufnahme in College) im Ausland. Handelt es sich um Reiseleistungen (§ 25 UStG: Differenzbesteuerung) oder in erster Linie um Leistungen im Erziehungs- und Ausbildungsbereich für Jugendliche, die ggf. unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG fallen, sofern der Leistungsort im Inland liegt?

§ 25 UStG beruht auf Art. 26 der 6. EG-RL. Dazu hat der EuGH in einer Reihe von Entscheidungen bereits allgemeine Grundsätze aufgestellt (zuletzt Urteil vom 19.6.2003, Rs. C-149/01, First Choice Holidays plc; BFH/NV Beilage 2003, 218).

Art. 26 der 6. EG-RL ist für bestimmte Umsätze von Reisebüros und Reiseveranstaltern eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung der Besteuerungsgrundlage. Art. 26 darf deswegen nur angewandt werden, soweit dies zur Erreichung des Zieles der Vorschrift erforderlich ist. Ziel ist, das anwendbare Recht den besonderen Merkmalen der Tätigkeit von Reisebüros und Reiseveranstaltern anzupassen.

Charakteristisch für diese ist: Sie bestehen regelmäßig aus mehreren Leistungen, insbesondere Beförderungs- und Unterbringungsleistungen, die teils im Ausland, teils in dem Land erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Besteuerungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde aufgrund der Vielzahl und der Lokalisierung der erbrachten Leistungen bei diesen Unternehmen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden.

Durch die Festlegung eines einheitlichen Leistungsortes und die Margenbesteuerung sollen die genannten Schwierigkeiten vermieden und speziell ein vereinfachter Abzug der gezahlten Vorsteuer gewährleistet werden, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie erhoben wurde.

Art. 26 der 6. EG-RL ist auf Wirtschaftsteilnehmer, die Reisen im eigenen Namen veranstalten und die sich zur Erbringung von Dienstleistungen, die mit dieser Art der Tätigkeit gemeinhin verbunden sind, an dritte Steuerpflichtige wenden, auch wenn sie, formal gesehen, nicht die Eigenschaft eines Reisebüros oder eines Reiseveranstalters haben.

Zweifelhaft ist, ob die Schüleraustauschprogramme als Reisen i.S.d. Bestimmung anzusehen sind, denn der EuGH hat zur Beurteilung eines sog. Schüleraustauschprogramms im Rahmen der Reiserichtlinie (Richtlinie 90/314/EWG vom 13.6.1990 über Pauschalreisen, ABlEG Nr. L 158, 59) entschieden, dass solche Schüleraustauschprogramme keine Pauschalreisen i.S.d. Reiserichtlinie sind (Urteil vom 11.2.1999, Rs. C-237/97, AFS Intercultural Programs Finland ry [Slg. 1999, I-825]), die angebotene Dienstleistung, nicht touristische Ziele, sondern speziell die Bildung der Teilnehmer verfolgt, die Auswahl einer Gastfamilie jedenfalls eine Nebenleistung darstellt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 18.3.2004, V R 104/01

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