Rz. 235

Aus den Art. 128 Abs. 1 Buchs. b bis f ZollBefrVO ergeben sich weitere Privilegierungsmöglichkeiten aufgrund internationaler Abkommen.

Art. 128 Abs. 1 Buchst. b ZollBefrVO erlaubt weitere Befreiungen zugunsten internationaler Organisationen. Sog. Sitzabkommen[1] bzw. Rechtsverordnungen, die auf Grundlage des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 13.2.1946 über Vorrechte und Immunität der Vereinten Nationen vom 16.8.1980[2] können bestimmen, dass Vertretungen internationaler Organisationen und ihre Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen Abgabenfreiheit genießen.[3]

Nachfolgend sind begünstigte Einrichtungen dargestellt. Einzelheiten ergeben sich aus der VSF Z 81 01 Abs. 91 bis 97b.

Nach der Verordnung über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die Europäische Organisation zur Sicherheit der Luftfahrt EUROCONTROL v. 26.7.1972[4] ist gem. § 2 die Einfuhr von Gegenständen mit Ausnahme von Lebensmitteln und Tabakwaren für die EUROCONTROL EUStfrei.

Das Protokoll über die Vorrechte und Immunität der Europäischen Patentorganisation – EPO –[5] sieht in Art. 5 die Einfuhrabgabenfreiheit für Waren vor, die für die Organisation eingeführt werden, nicht dagegen für Waren, die für den persönlichen Bedarf ihrer Bediensteten bestimmt sind.

Gem. Art. 8 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für Astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre – ESO –[6] sind nur Erzeugnisse und Materialien einfuhrabgabenfrei, die für die amtliche Tätigkeit dieser Einrichtung bestimmt sind.

Aufgrund von Art. 8 der Sitzungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie – EMBL –[7] werden die von dem Laboratorium eingeführten Gegenstände von der EUSt befreit, soweit sie für seine amtliche Tätigkeit unbedingt erforderlich sind.

Art. XV Abs. 2 des Übereinkommens zur Gründung der Europäischen Weltraumorganisation – EWO – und Art. VI der Anlage I sind die für die Niederlassung der Organisation, das Europäische Weltraumoperationszentrum – ESOC –[8], eingeführte Gegenstände, die für die Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit unbedingt erforderlich sind, von der EUSt befreit.

Nach § 3 VO über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen für die Europäischen Schulen in Karlsruhe und München[9] sind Gegenstände, die ausschließlich für den satzungsgemäßen Bedarf der beiden Schulen bestimmt sind, EUStfrei. Die Befreiung gilt nicht für Lebensmittel und Tabakwaren.

Nach Art. 10 Abs. 2 des Abk. mit den Vereinten Nationen über den Sitz des Freiwilligenprogramms der UN (UNV) sind die für den amtlichen Gebrauch der UNV eingeführten Gegenstände von der EUSt befreit.

Gem. Art. 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union[10] sind Gegenstände von den Zöllen und der EUSt befreit, die für den Dienstgebrauch der Organe der Europäischen Union[11] nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages über die Europäische Union eingeführt werden.

Gem. Art. 50 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.3.2011 sind Gegenstände, die für den amtlichen Gebrauch der Forschungseinrichtung SHARE-ERIC eingeführt werden, von der EUSt befreit. Die Befreiung greift nicht, wenn der Betrag der EUSt für eine einzelne Sendung 25 EUR nicht übersteigt.[12]

Art. 128 Abs. 1 Buchs. f ZollBefrVO ist z. B. die Grundlage für das Deutsch-schweizerische Abkommen v. 5.2.1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr.[13] Art. 128 Abs. 1 Buchs. c bis e, g ZollBefrVO unterfallende internationale Übereinkommen existieren zahlreich; viele sind aber bereits in den Vorschriften der ZollBefrVO übernommen worden.[14]

[1] Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Vereinbarungen.
[2] BGBl II 1980, 941.
[3] FG München v. 27.7.2023, 14 K 1448/21, MwStR 2023, 835, welches über die Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen Erwerbs eines KFZ nach § 4b Nr. 3 UStG i. V. m. Art. 18 Buchst. f des Ottawa-Abkommens zu entscheiden hatte. Das Ottawa-Abkommen beruht auf dem nach § 5 Abs. 2 UStG erlassenen Art. 133 Abs. 1 Buchst. b ZollBefrVO (a. F. – jetzt Art. 128 Abs. 1 Buchst. b ZollBefrVO).
[4] BGBl II 1972, 814, zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.9.2005, BGBl I 2005, 2809.
[5] BGBl II 1976, 985.
[6] BGBl II 1975, 393.
[7] BGBl II 1975, 934.
[8] BGBl II 1976, 1862.
[9] BGBl II 1985, 999.
[10] Abl. EU 2010 Nr. C 83, 266.
[11] Europäischer Rat, Rat der Europäischen Union, Europäisches Parlament, Europäische Kommission, Europäische Zentralbank, Gerichtshof der Europäischen Union, Europäischer Rechnungshof.
[12] ABl L 77 v. 28.11.2006 i. V. m. Art. 143 Abs. 1 Buchst. g der RL 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 i. V. m. der Satzung des SHARE-ERIC.
[13] BGBl II 1960, 2161.
[14] Schulte, in Witte, UZK, 8. Aufl. 2022, Anh. 2 Rz. 282.

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