Rz. 51

Nach § 1 Abs. 1 EUStBV ist EUStfrei – vorbehaltlich der §§ 1a bis 10 EUStBV – die Einfuhr der Gegenstände, die nach Kapitel I und III der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 zollfrei eingeführt werden können, in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Artikel 27 bis 31, 45, 52 bis 59b, 63a und 63b der Verordnung (EWG) Nr. 918/83.

Bei der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 handelt es sich um die Zollbefreiungsverordnung (ZollBefrVO, EWG Nr. 918/83).

Die ZollBefrVO (VO EWG Nr. 918/83) ist mWv 1.1.2019 durch die neue ZollBefrVO (VO (EG) Nr. 1186/2009)[1] ersetzt worden.

Die EUStBV verweist zwar in § 1 Abs. 1 noch ausdrücklich auf die VO Nr. 918/83. Der Verweis ist jedoch als Verweis auf die ZollBefrVO Nr. 1186/2009 zu verstehen. Dies ergibt sich aus Art. 133 ZollBefrVO Nr. 1186/2009, demzufolge die alte ZollBefrVO aufgehoben und angeordnet wird, dass alle Bezugnahmen auf die alte Verordnung als Bezugnahme auf die neue Verordnung gelten.

Art. 133 ZollBefrVO ist zwar eine Vorschrift des Europäischen Zollrechts, gilt aber gleichfalls für nationale Verweisungen. Es dürfte ein gesetzgeberisches Versehen sein, dass der Zusatz "in der jeweils geltenden Fassung" in § 1 Abs. 1 EUStBV fehlt.[2]

Für die folgende Kommentierung bedeutet dies, dass auf die Artikel der aktuell geltenden ZollBefrVO (VO (EG) Nr. 1186/2009) Bezug genommen und diese zitiert werden, sofern nicht ausdrücklich ein Verweis auf die alte ZollBefrVO (VO (EWG) Nr. 918/83) erfolgt.

 

Rz. 52

§ 1 Abs. 1a EUStBV ordnet an, dass der Zollkodex (ZK) in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist. Auch dieser Verweis ist streng genommen missverständlich. Seit dem 1.5.2016 hat der UZK gem. Art. 286 Abs. 2 i. V. m. Art. 288 Abs. 2 UZK den ZK vollständig abgelöst.

Nach Art. 286 Abs. 3 UZK gelten Verweise auf den Zollkodex ausdrücklich als Verweise auf den UZK; eine anderweitige Interpretation des § 1 Abs. 1a EUStBV dergestalt, dass der alte, außer Kraft gesetzte ZK weiterhin im Rahmen der EUStBV angewendet wird, verbietet sich und widerspräche dem gesunden Menschenverstand.[3]

[1] VO des Rates v. 16.11.2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen am 10.12.2009, ABl. EG Nr. L 34.
[2] So im Ergebnis auch Wäger, in Reiß/Krausel/Langer, UStG, 187. Ergänzungslieferung 2023, § 5 UStG Rn. 101, der sich insbesondere kritisch in Bezug auf die Untätigkeit des Gesetzgebers äußert.
[3] Wäger, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, 187. Ergänzungslieferung 2023, § 5 Rn. 102.

3.1.1 EUStBV und ZollBefrVO

 

Rz. 53

Durch Verweis aus der EUStBV regeln die Vorschriften der ZollBefrVO, die Vorschriften der Art. 250ff. UZK über die vorübergehende Verwendung von Gegenständen, die Regelungen der Art. 203 ff. UZK über die Zollbefreiung von Rückwaren und die nationalen Vorschriften (§§ 14 – 21 ZollV) über außertarifliche Zollbegünstigungen die Befreiung der betreffenden Gegenstände von der EUSt.[1]

Die EUStBV regelt in § 1 Abs. 1 EUStBV, dass die nach der ZollBefrVO einfuhrabgabenbefreiten Waren zugleich EUSt-befreit sind. Ausnahmen bzw. Modifikationen hierzu sind lediglich in § 1 Abs. 1, 2. Hs. EUStBV und in §§ 2 bis 12 EUStBV erfasst.

Die ZollBefrVO stellt Gemeinschaftsrecht dar und verwendet daher im Gegensatz zum UStG die zollrechtlichen Territorialbegriffe der Gemeinschaft. An dieser Stelle ist deshalb eine entsprechende Anwendung für Zwecke der Umsatzsteuer notwendig.

Sofern nachfolgend die Begriffe "Gemeinschaft/Union", "Zollgebiet der Gemeinschaft/Union" oder "EG/EU" verwendet werden, so ist aus Sicht des nationalen Umsatzsteuerrechts hierunter immer das Inland i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 1 Abs. 2 UStG zu verstehen.

[1] VSF Z 81 01 Abs. 99.

3.1.2 Historische Entwicklung

 

Rz. 54

Die EUStBV trat zum 1.1.1993 mit Verwirklichung des Binnenmarkts in Kraft.[1] Wichtigste Neuerung war die Herausnahme sämtlicher EUStBefreiungen, die aufgrund der Einfuhr aus Mitgliedstaaten gewährt worden waren.[2]

Aufgrund des zum 1.1.1994 in Kraft getretenen Zollkodex (ZK) wurden die Vorschriften durch die 1. ÄndVO v. 9.2.1994[3] an die neue Rechtslage angepasst. Dies betraf die vorübergehende Verwendung in §§ 1 Abs. 2 und 11 EUStBV (nunmehr Art. 137 bis 144 ZK), die Rückwarenregelung in §§ 1 Abs. 2 a und 12 EUStBV (nunmehr Art. 185 bis 187 ZK) und Erstattung/Erlass in § 14 EUStBV (dann Art. 235 bis 242 ZK).

Gleichzeitig traten das Zollgesetz (ZG) und die Allgemeine Zollordnung (AZO) außer Kraft und das Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) und die Zollverordnung (ZollVO) in Kraft; dadurch wurde die Anpassung in § 1 Abs. 3 EUStBV an die Vorschriften der ZollVO notwendig.

Mit dem Außerkrafttreten des ZG 1961 ist auch der Begriff des deutschen Zollgebiets (§ 2 ZG) weggefallen; insbesondere § 3 EUStBV wurde an den Inlandsbegriff angepasst.

Eine weitere Änderung ergab sich aus der Verordnung zur Änderung der Zollverordnung und anderer Verordnungen (ZollVuaÄndV 2004) v. 22.12.2003.[4] Diese brachte insbesondere die Verweise auf den zum 1.1.2004 in Kraft getretenen ZK in § 1 Abs. 1a, § 2 Nr. 1 und § 11 EUStBV, sowie die U...

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