Rz. 169

Nach der seit dem 1.1.980 unveränderten Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei. Derartige Umsätze kommen z. B. in Betracht, wenn der Leistungsempfänger einen Anteil an einer Gesellschaft erhält und dadurch Gesellschafter einer Gesellschaft wird oder weitere Anteile an der Gesellschaft, an der er bereits beteiligt ist, erhält.[1] Die Vorschrift befreit die Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und die Vermittlung dieser Umsätze. Neben dem steuerfreien Anteilsumsatz als Grundgeschäft ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die Vermittlung von Anteilsumsätzen steuerfrei. Die Steuerbefreiung erstreckt sich somit nicht allgemein auf Leistungen, die nach ihrem Gegenstand einen bloßen Bezug zu Gesellschaftsanteilen aufweisen. Steuerpflichtig sind daher insbesondere Beratungs- oder Werbeleistungen, mit denen der Kauf von Gesellschaftsanteilen lediglich empfohlen oder durch die für den Kauf von Gesellschaftsanteilen geworben wird.[2]

 

Rz. 170

Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung können der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen nicht als wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeiten i. S. d. MwStSystRL angesehen werden, die den Erwerber bzw. Inhaber zum Unternehmer machen würden. Der bloße Erwerb von Beteiligungen an einem Unternehmen stellt keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dar, weil eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung auf dem bloßen Eigentum an dem Gegenstand beruht und keine Gegenleistung für eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. dieser Richtlinie ist.[3] Auch die Veräußerung von Beteiligungen stellt grundsätzlich keine wirtschaftliche Tätigkeit nach der MwStSystRL dar.[4]

 

Rz. 171

Ebenso wenig kann auch der bloße Erwerb und der bloße Verkauf von sonstigen Wertpapieren eine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf dieser Titel besteht.[5]

 

Rz. 172

Aufgrund dieser EuGH-Rechtsprechung ist der Anwendungsbereich von § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG stark eingeschränkt.

 

Rz. 173

Anteile begründen ein Recht auf Beteiligung bzw. am Vermögen der jeweiligen Vereinigung, so wie es dem Gesellschafter oder Mitglied infolge seiner Zugehörigkeit zu der Vereinigung zusteht. Dieses Recht zielt nicht wie z. B. bei einer Kreditgewährung auf eine feste Rendite oder nur eine Gewinnbeteiligung ab, sondern nimmt auch eine Beteiligung an Verlusten der Vereinigung in Kauf. Zu den Vereinigungen als Oberbegriff für Kapital- und Personengesellschaften und andere Personenvereinigungen, soweit diese so beschaffen sind, dass Anteile an ihnen bestehen können, gehören insbesondere Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH), Personengesellschaften (OHG, KG, GbR), Genossenschaften (eG), Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG), Vereine, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) und andere Gesamthandsgemeinschaften. Da § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG im Gegensatz zu § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG im Wesentlichen auf Anteile abstellt, die nicht in Wertpapieren verbrieft sind, gehören zu den Anteilen daher insbesondere GmbH-Anteile, die Anteile an Personengesellschaften, z. B. einer OHG, KG, GmbH & Co. KG oder GbR, Anteile an Genossenschaften und Beteiligungen als stiller Gesellschafter. Auch Schiffsparten als Anteile an einer Partenreederei (§ 491 HGB, Miteigentumsanteile an einem Schiff, das von mehreren Personen gemeinsam zum Erwerb durch Seefahrt verwendet wird) gehören zu den Anteilen i. S. d. Vorschrift.

 

Rz. 174

Stellen sich die eingeräumten Beteiligungen an einem Warentermin-Sammelkonto als Treuhandverhältnis zwischen den einzelnen Anlegern und dem Verwalter dar, liegen keine Anteile an Gesellschaften oder anderen Vereinigungen, insbesondere auch keine an einer stillen Gesellschaft vor.[6] Ob Anteile vorliegen, beurteilt sich dabei nach den entsprechenden inländischen zivilrechtlichen Vorschriften, auch wenn die Vereinbarungen zwischen Treuhänder und Anlegern nach ausländischem Recht gewürdigt werden müssten.[7]

 

Rz. 175

§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG ist nur dann anwendbar, wenn der Umsatz mit einem Vereinigungsanteil überhaupt steuerbar ist. Eine Gesellschaft erbringt bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt i. S. d. Unionsrechts[8] und deshalb auch keinen steuerbaren Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG.[9] Diese Grundsätze des EuGH zur Ausgabe von Anteilen durch eine Personengesellschaft gelten entsprechend auch für die Neuausgabe von Aktien durch Kapitalgesellschaften.[10] Entsprechendes soll für die Aufnahme von atypisch stillen Gesellschaftern gelten.[11]

 

Rz. 176

Der bloße Erwerb, das bloße Halten und der bloße Verkauf von sonstigen Wertpapieren sind nicht als wirtschaftliche Täti...

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