Rz. 4

§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch nicht die Verwahrung und die Verwaltung –, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren und der in Art. 15 Abs. 2 genannten Rechte und Wertpapiere". Ein Mangel bei der Umsetzung dieser Regelung in das nationale Recht ist – bei einschränkender Auslegung des Wertpapierbegriffs –[1] nicht erkennbar.

Schon aus dem Wortlaut der Unionsrechtsvorschrift ergibt sich, dass keine der dort beschriebenen Umsätze Informationstätigkeiten im finanzwirtschaftlichen Bereich betreffen. Diese Umsätze können daher nach dieser Bestimmung nicht von der Steuer befreit werden. Dagegen fällt der Wertpapierhandel unter die Vorschrift, die auf dem Wertpapiermarkt bewirkte Umsätze betrifft. Der Wertpapierhandel umfasst Handlungen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert und den Handlungen im Überweisungs- oder Zahlungsverkehr ähnlich sind.[2] Nach der weiteren Rechtsprechung des EuGH[3] ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Ausdruck "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", Umsätze betrifft, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Dies gilt jedoch nicht für alle Transaktionen mit Wertpapieren. Nachdem der EuGH bereits entschieden hatte, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt und deshalb keinen steuerbaren und damit nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerbefreiten Umsatz erbringt, hat der EuGH[4] des Weiteren entschieden, dass die Ausgabe neuer Aktien keinen in den Anwendungsbereich der MwStSystRL fallenden Umsatz darstellt. Solche Aktienneuemissionen sind somit auch nicht mehr nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.[5] Die im Rahmen von Aktienneuemissionen übernommene Verpflichtung zur Übernahme nicht gezeichneter Aktien des Emittenten (sog. "underwriting") stellt einen steuerfreien Umsatz im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL dar, der sich auf Aktien bezieht. Auch durch die Verpflichtung zur Übernahme der nicht innerhalb der Zeichnungsfrist gezeichneten Aktien können Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf die Aktien in diesem Sinne begründet, geändert oder beendet werden mit der Folge, dass es sich um einen steuerfreien Umsatz, der sich auf Aktien bezieht, handelt.[6]

Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass der Begriff "Vermittlung" die Tätigkeit eines zwischengeschalteten Vermittlers darstellt, der eine Dienstleistung an eine der Parteien eines Vertrags über finanzielle Transaktionen mit Wertpapieren erbringt, wobei diese Dienstleistung darin besteht, den Verkäufer und den Käufer zu veranlassen, den Vertrag zu unterzeichnen, ohne dass der Vermittler selbst den Vertrag unterzeichnet und ohne dass der Vermittler selbst ein Interesse am Inhalt des Vertrags hat.[7]

[1] Vgl. Rz. 6.
[2] EuGH v. 5.6.1997, C-2/95, SDC, HFR 1997, 618, Rz. 70ff.
[3] EuGH v. 13.12.2001, C-235/00, CSC, BFH/NV Beilage 2002, 35.
[4] EuGH v. 26.5.2005, C-465/03, Kretztechnik, BFH/NV Beilage 2005, 306.
[5] Vgl. auch Buttenhauser/Steinhauser, UR 2005, 415 und Martin, BFH/PR 2005, 333.
[6] Vgl. EuGH v. 10.3.2011, C-540/09, Skandinaviska Enskilda Banken AB Momsgrupp, BFH/NV 2011, 956.
[7] Vgl. EuGH v. 21.11.2017, C-615/16, Kerr, ABl EU 2018, Nr. C 32/7.

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