1 Vorbemerkung

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG sind die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung solcher Umsätze steuerfrei. Die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren sind ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Eine andere Steuerbefreiungsvorschrift existiert für diese Verwahrungs- und Verwaltungsumsätze nicht, sodass diese Umsätze generell steuerpflichtig sind. Nach dem Wortlaut der Vorschrift rechnen auch die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren grundsätzlich zu den Umsätzen im Geschäft mit Wertpapieren. Es handelt sich damit um sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bezeichneten Art. Die Übertragung von Wertpapieren (z. B. Aktien) und solchen anderer Art (z. B. von Fondsanteilen und festverzinslichen Wertpapieren) ist ebenfalls eine sonstige Leistung.[1]

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Zum 1.1.1980 war gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage die Steuerbefreiung für die Umsätze von Wertpapieren wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs auf Optionsgeschäfte mit Wertpapieren ausgedehnt worden.[1] Außerdem war – zur Klarstellung – das Wort "Depotgeschäft" eingefügt worden. Hierdurch wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Vermögensverwaltung in Bezug auf Wertpapiere nicht von der USt befreit ist.[2]

 

Rz. 3

Durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b des Zweiten Gesetzes zur Änderung des UStG v. 30.3.1990[3] war § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG mWv 1.1.1991 neu gefasst worden (Art. 3 Abs. 2 des Änderungsgesetzes). Seit diesem Zeitpunkt hat die Vorschrift die heute gültige Fassung. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung[4] musste die Steuerbefreiung für die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren aus unionsrechtlichen Gründen aufgehoben werden. Zwar konnten diese Leistungen während einer Übergangszeit von den EU-Mitgliedstaaten noch steuerfrei gestellt werden.[5] Diese Übergangsregelung war jedoch durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der 18. EG-Richtlinie v. 18.7.1989[6] mWv 1.1.1991 aufgehoben worden. Im Zuge der dadurch bedingten Neufassung von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG wurde die Vorschrift außerdem an den Wortlaut von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie[7] angeglichen. Entsprechend dem Unionsrecht wurde davon abgesehen, die steuerfreien Umsätze einzeln aufzuführen. Stattdessen wurde der Umfang der Steuerbefreiung in allgemeiner Form bestimmt. Die bis dahin einzeln aufgeführten Umsätze sollten jedoch weiterhin steuerfrei bleiben. Es wurde aber auch zum Ausdruck gebracht, dass neben den bis dahin ausdrücklich befreiten Umsätzen entsprechend dem Unionsrecht auch weitere Umsätze für die Steuerfreiheit in Betracht kommen können.[8]

[1] Dies entsprach der bis dahin geltenden Verwaltungspraxis, vgl. Begründung des Entwurfs eines UStG v. 15.3.1978, BR-Drs. 145/78, BT-Drs. 8/1779, zu § 4 Nr. 8.
[2] Vgl. BMF v. 12.5.1980, IV A 3 – S 7160 – 11/80, BStBl I 1980, 238.
[3] BGBl I 1990, 597, BStBl I 1990, 213.
[4] Vgl. BT-Drs. 11/6174.
[5] Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anhang F Nr. 15 der 6. EG-Richtlinie.
[6] 89/465/EWG, ABl. EG 1989 Nr. L 226, 21.
[8] Vgl. amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drs. 11/6174.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 4

§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch nicht die Verwahrung und die Verwaltung –, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren und der in Art. 15 Abs. 2 genannten Rechte und Wertpapiere". Ein Mangel bei der Umsetzung dieser Regelung in das nationale Recht ist – bei einschränkender Auslegung des Wertpapierbegriffs –[1] nicht erkennbar.

Schon aus dem Wortlaut der Unionsrechtsvorschrift ergibt sich, dass keine der dort beschriebenen Umsätze Informationstätigkeiten im finanzwirtschaftlichen Bereich betreffen. Diese Umsätze können daher nach dieser Bestimmung nicht von der Steuer befreit werden. Dagegen fällt der Wertpapierhandel unter die Vorschrift, die auf dem Wertpapiermarkt bewirkte Umsätze betrifft. Der Wertpapierhandel umfasst Handlungen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert und den Handlungen im Überweisungs- oder Zahlungsverkehr ähnlich sind.[2] Nach der weiteren Rechtsprechung des EuGH[3] ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Ausdruck "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", Umsätze betrifft, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Dies gilt jedoch nicht für alle Transaktionen mit Wertpapieren. Nachdem der EuGH bereits entschieden hatte, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt und deshalb keinen steuerbaren und damit nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerbefreiten Umsatz erbringt, hat der EuGH[4] des We...

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