1 Allgemeines

1.1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG sind die Gewährung und die Vermittlung von Krediten umsatzsteuerfrei. Dies gilt unabhängig davon, wer den Umsatz erbringt, sei es ein Kreditinstitut (Bank) oder ein anderer Unternehmer, der nur gelegentlich Kredite gewährt oder vermittelt. Hauptanwendungsbereich der Steuerbefreiung dürfte die Gewährung von Gelddarlehen durch Kreditinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG[1] sein, die zu den Bankgeschäften i. S. dieser Vorschrift gehören. Steuerfrei sind aber auch die Kreditgeschäfte anderer, z. B. privater Kreditgeber (Geldverleiher). Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei wegen eines überhöhten Zinssatzes ggf. um sittenwidrige Geschäfte handelt. Mit Urteil v. 29.6.1999[2] hat der EuGH seine frühere Rechtsprechung[3] bestätigt, wonach auch unerlaubte Handlungen grundsätzlich umsatzsteuerbar sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Wettbewerb zwischen einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor nicht ausgeschlossen ist. Da private Geldverleiher regelmäßig im Wettbewerb mit Kreditinstituten stehen, gelten für diese Geldverleiher die gleichen umsatzsteuerlichen Rahmenbedingungen mit der Folge, dass auch deren Umsätze unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sein können.

[1] Die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (Kreditgeschäft).
[2] EuGH v. 29.6.1999, C–158/98, V. O. F. Coffeeshop "Siberië", UR 1999, 364.
[3] Vgl. insbesondere EuGH v. 28.5.1998, C–3/97, Goodwin and Unstead, EuGHE I 1998, 3257.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Zum 1.1.1980 war die bis dahin geltende Steuerbefreiung für die Verwaltung und Gewährung von Krediten wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs auf die Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Kreditsicherheiten ausgedehnt worden.

 

Rz. 3

Durch Gesetz v. 11.10.1995[1] wurde § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG mWv 1.1.1996 neu gefasst.[2] Seit diesem Zeitpunkt sind nach der Vorschrift nur noch die Gewährung und die Vermittlung von Krediten befreit. Die Verwaltung von Krediten sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten fallen seit diesem Zeitpunkt nicht mehr unter die Steuerbefreiung. Diese Änderung berücksichtigt die Vorgaben von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL. Hiernach ist die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch andere Personen als die Kreditgeber steuerpflichtig. Durch eine nach Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie ergangene Entscheidung des Rates v. 23.11.1992[3] war Deutschland ermächtigt worden, die Steuerbefreiung noch bis zum 31.12.1995 beizubehalten. Mit Ablauf dieser Frist war die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch andere Personen als die Kreditgeber aufzuheben. Auch nach der Gesetzesänderung zum 1.1.1996 bleibt die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch den jeweiligen Kreditgeber selbst steuerfrei. Einer besonderen Regelung hierfür bedarf es nicht, weil diese Leistungen als Nebenleistungen zur Kreditgewährung anzusehen und daher wie diese steuerfrei sind (Rz. 17ff.).

[1] Art. 20 Nr. 7 Buchst. d JStG 1996, BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438.
[2] Art. 41 Abs. 7 JStG 1996.
[3] Abl. EG 1992 Nr. L 351, 31.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 4

§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG in der seit 1.1.1996 geltenden Fassung beruht im Wesentlichen auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber. Auch Art. 135 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist als unionsrechtliche Basis zu nennen. Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber. Ein Verstoß des nationalen Rechts gegen diese Bestimmungen ist nicht erkennbar. Die Fälle, in denen sich der EuGH zum Anwendungsbereich von Art. 135 MwStSystRL geäußert hat, sind eng mit der Gewährung von Krediten/Finanzierungen/Darlehen im traditionellen Sinn (d. h. mit einer Zinsabrede, einem Darlehen oder einer Finanzierung) verbunden. Der EuGH[1] hat entschieden, dass die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL nicht für einen Umsatz gilt, der für den Unternehmer darin besteht, dass er gegen Entgelt alle Rechte und Pflichten aus seiner Position in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer durch gerichtliche Entscheidung anerkannten Forderung, deren Zahlung durch ein Recht an einem beschlagnahmten und dem Steuerpflichtigen zugeschlagenen Grundstück gesichert ist, an einen Dritten abtritt. Es handelt sich bei einem solchen Umsatz nicht um eine Kreditgewährung gegen Zinszahlung. Auch liegt kein Umsatz vor, der als Factoring-Leistung nicht steuerbar wäre. Vorliegend handelt es sich um einen Umsatz, der in der entgeltlichen Abtretung aller Rechte und Pflichten aus der Position, die ein Steuerpflichtiger in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer gerichtlich anerkannten Forderung innehat, an einen Dritten besteht. Es handelt sich um eine einheitliche Leistung, die nicht in zwei Leistungen aufgespalten werden darf, die zum einen aus einer Forderungsabtretung und zum anderen aus der Abtretung ...

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