Rz. 108

Aus Sicht des leistenden Unternehmers ist vor allem die Feststellung der Qualifikation seines Leistungsempfängers als Unternehmer oder als "Nichtunternehmer" zur zentralen umsatzsteuerrechtlichen Fragestellung bei grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen geworden[1]; dieser Status des Leistungsempfängers muss übrigens bei jeder (!) einzelnen ausgeführten Leistung feststehen.[2] Zudem ist es bei jeder Leistung an einen anderen Unternehmer erforderlich, dass dieser die Leistung auch für sein Unternehmen bezieht, was für den Leistenden mitunter nur schwer zu überprüfen ist.[3] Aus diesem Grund wurde die Feststellung der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers mit durchaus guten Gründen in der Literatur schon bei Einführung des neuen § 3a UStG als Schwachpunkt der Regelung erachtet.[4] In Anbetracht der Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals verwundert es in der Tat etwas, dass das deutsche UStG keine Regelung vorsieht, wie denn der Leistende die Unternehmereigenschaft seines Abnehmers nachweisen soll; die Unternehmereigenschaft wird schlicht vorausgesetzt. M. E. wird diese Problematik allerdings dadurch etwas "entschärft", dass die im UStAE dargelegte (deutsche) Verwaltungsauffassung – welche zum 1.7.2011 modifiziert wurde[5] – in dieser Hinsicht eine eher "moderate" Regelung zugunsten der leistenden Unternehmer vorsieht, jedenfalls solange bestimmte formale Anforderungen von ihnen beachtet werden.[6] Weitere Rechtssicherheit besteht hier seit dem 1.7.2011 mit der unionsrechtlichen Durchführungsverordnung zur MwStSystRL, der MwStVO.[7] Hinzuweisen ist darauf, dass diese EU-Verordnung in allen Mitgliedstaaten - ohne weitere Umsetzung in innerstaatliches Recht - für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar geltendes Recht darstellt.[8] Sie enthält jedenfalls in Art. 17ff. MwStVO klare und für die Verwaltung und die Gerichte[9] bindende Vorgaben zum Status des Dienstleistungsempfängers und vor allem auch zum Vertrauensschutz, was wohl auch der Anlass für die genannten Änderungen des UStAE war.

 

Rz. 108a

Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft des Abnehmers der sonstigen Leistung sowie auch für die Beurteilung des Bezugs für dessen Unternehmer ist gemäß Art. 25 MwStVO jeweils der Zeitpunkt der Ausführung der betreffenden sonstigen Leistung maßgeblich.[10] Spätere Änderungen dieser Umstände können sich somit nicht mehr auf die Festlegung des Leistungsorts auswirken.

 

Rz. 108b

Hinzuweisen ist darauf, dass die zu erfüllenden Anforderungen zunächst davon abhängig sind, ob der Leistungsempfänger in einen anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässig ist. Es ist unschwer zu erkennen, dass die Bestätigungsanfrage an das BZSt (§ 18e UStG) nur bei USt-IdNrn. aus anderen Mitgliedstaaten möglich ist. Insoweit sollen im Folgenden zunächst die innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen an Unternehmer und im Anschluss daran die sonstigen Leistungen an Unternehmer in Drittstaaten betrachtet werden (Rz. 119ff.)

 

Rz. 109

Festzuhalten ist zunächst, dass das Gesetz dem leistenden Unternehmer zwar keine direkten Nachforschungspflichten auferlegt[11], tatsächlich wird sich ein Unternehmer aber bei unrichtigen Angaben seines Leistungsempfängers i. d. R. nur dann auf einen Vertrauensschutz (Rz. 113) berufen können, wenn er bestimmte formale Anforderungen zuvor ordnungsgemäß erfüllt hat. So ist aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als Leistungsempfänger einer sonstigen Leistung regelmäßig derjenige anzusehen, in dessen Auftrag die Leistung ausgeführt wurde; es handelt sich mithin um diejenige Person, welche aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt oder verpflichtet worden ist.[12] Der Leistungsort bestimmt sich dabei maßgeblich nach dem Ort, von dem aus dieser Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt.[13] Ist dieser Ort bei natürlichen Personen nicht eindeutig bestimmbar, kommt als Leistungsort der Wohnsitz des Leistungsempfängers[14] oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts[15] in Betracht.[16] Bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ist der Ort der Geschäftsleitung[17] maßgebend. Dieser Leistungsempfänger muss dann nach § 3a Abs. 2 S. 1 UStG ein Unternehmer sein und – darüber hinaus – die gegenständliche Leistung für sein Unternehmen beziehen (Rz. 121ff.).

 

Rz. 110

Der Leistungsempfänger muss also zur Anwendbarkeit des § 3a Abs. 2 S. 1 UStG (zwecks der Ortsbestimmung) ein Unternehmer – oder unionsrechtlich gesprochen – ein Steuerpflichtiger sein. Dabei kommt es ausschließlich darauf an, ob der Leistungsempfänger Unternehmer nach den gesetzlichen Vorgaben ist[18], ob er also nach § 2 UStG und Art. 9ff. MwStSystRL als solcher gilt.

Dazu gehören auch solche Unternehmer:

  • die Kleinunternehmer nach § 19 UStG sind,
  • welche die Leistung für die Ausführung von Umsätzen verwenden, für welche die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 UStG festgesetzt wird oder
  • die nur steuerfreie Umsätze ausführen, welche zum Ausschluss vom Vorsteuer...

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